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Reiseblog mit dem Fahrrad vom Kilimandscharo zu den Victoriafällen

Reiseblog vom Kilimandscharo zu den Victoriafällen
Unser Reiseblog, auszugsweise und in chronologischer Reihenfolge
ursprünglich veröffentlicht auf https://kilitovicfalls.wordpress.com

Moshi, 3. Juli 2015
Christian

Bis ich mit dem Aufbau meines Rades fertig werde, fliege ich aus dem Ankunftsbereich des kleinen Kilimanjaro International Airports, im Nirgendwo zwischen Arusha und Moshi gelegen, auch schon heraus. Man will offenbar schließen und bis ich meine Gewebeplane zusammengefaltet habe und gerade noch anfangen will, Luft ins Vorderrad zu drücken, wird es den Leuten hier wohl doch zu viel. Okay, Luft pumpen kann ich auch draußen. Dann schnell Hände waschen und noch die Wasserflasche am Wasserhahn füllen, Micropur-Tablette rein und los. Doch nein, so schnell geht es dann auch nicht, jetzt wo die hier Beschäftigten Zeit haben sich neugierig mit mir zu unterhalten.

Aber irgendwann bin ich draußen auf der Straße in Richtung Arusha Highway. Sechs schnurgerade Kilometer durch eine recht grüne Landschaft, viel grüner jedenfalls als erwartet. Landwirtschaft wird hier im kleinen Stil betrieben. Am Straßenrand wirbelt eine gemischte Herde aus Ziegen und Rindern Staub auf.

Der Kilimanjaro ist in der Ferne nur als eine fast den ganzen Horizont einnehmende und von einer dichten Wolkendecke nach oben begrenzte Wand zu erahnen. Die Anbauflächen verlaufen sich quasi im Dunst in dessen Richtung. Der Arusha Highway verläuft parallel zum Fuß des gewaltigen Vulkans, dessen schwarze Spitze beim Landeanflug vorhin oberhalb der Wolkendecke einige Zeit zu sehen war.

Die Straße verläuft dann nicht gerade flach am Sockel des Berges entlang. Die Gegend ist wellig, wenn auch insgesamt leicht abschüssig. An einer Tankstelle kaufe ich Wasser, in einem Dorf an der Straße einige kleine Bananen. Nach der langen Flugreise ist mein Energiebedarf erst einmal groß und bis zur Dunkelheit will ich meine Unterkunft am Rande von Moshi ja auch noch finden. Viel Zeit für die rund 40 km bis dorthin habe ich nicht.
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Gelungener Auftakt, 12. Juli 2015
Christian

Lange Etappen, anstrengende Berge und teils sehr schlechte Pisten lassen uns in den ersten Tagen wenig Zeit zum Durchatmen. Die Stimmung ist dennoch sehr gut, ja sogar ansteckend für die Ordnungshüter an dieser Passhöhe südlich von Bonga. Die Straße ist schmal, nicht asphaltiert, aber dank des feuchten Wetters auch nicht sehr staubig.
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Von Arusha bis in Tansanias Hauptstadt, 12. Juli 2015
Christian

Dodoma, Tansanias Hauptstadt, ist die erste Station, an der wir nach acht Tagen auf dem Rad auch einmal einen Tag Pause machen. Eine Erholung nach den vergangenen fünf Tagen auf überwiegend üblen Pisten, die uns Einiges abverlangt haben. Die Straße befindet sich abschnittsweise im Bau, oder steht kurz davor, was bedeutet, dass über viele Kilometer nur eine Baustraße parallel des künftigen Asphaltbandes zur Verfügung steht, ansonsten die alte, völlig heruntergekommene Piste aus Sand, Schotter, groben Steinen bis hin zu Geröll oder nacktem Fels.

Von Arusha über Makuyuni, Minjingu bis nach Babati hatten wir anfangs sehr guten Asphalt unter den Rädern, hinter Arusha sogar mit nur noch spärlichem Verkehr. Die Landschaft bietet dort viel Abwechslung zwischen dichter Bewaldung, Landwirtschaft für den Eigenbedarf in Form von kleinen Maisfeldern, Sojapflanzungen und immer wieder Sonnenblumenfeldern in voller Blüte, bis hin zu trockener und nur lose mit Akazien bestandener Steppe. Rinder- und kleinere Ziegenherden kreuzen gelegentlich die Straße. Zwischen Kinsongo und Minjingu bekommt man einen kleinen Eindruck von der Maasai-Steppe. Viehherden werden von jungen Kriegern getrieben, die vor kurzer Zeit ihre Initiation hatten. Die Haut der Maasai ist tiefschwarz und in ihren dunklen Wollumhängen  wirken sie irgendwie gespenstisch.

Gleich unsere erste Etappe wird mit 103 km auch die längste und dank eines starken Ostwindes kamen wir deutlich schneller durch die hügelige Landschaft, als erwartet. Das blieb leider an den folgenden Tagen nicht so und die Berge zwischen Babati und Kondoa machten uns das Vorwärtskommen richtig schwer. Auch wegen der schlechten Straßenqualität, die sich südlich des Dörfchens Bonga als eine schmale Piste auf bis zu 1780 m Höhe die Berge hinaufzieht. Glücklicherweise nimmt nur wenig Verkehr dieselbe Route und die uns im Laufe des Tages überholenden Reisebusse oder LKW lassen sich an einer Hand abzählen.
Bei feuchtem, regnerischem Wetter erleben wir dort auch eine recht üppige Vegetation, in den Höhenlagen als Wald oder als kleine Kaffee-Pflanzungen. In den Tälern in Form bescheidenen Gemüse- und Maisanbaus.

Hatten wir in Minjingu und Babati noch einfache Gästehäuser als Unterkunft, so gab es in Bereku und Kolo Gelegenheit, unsere Zelte aufzuschlagen. In Bereku unweit der Polizeistation auf dem Grundstück eines pensionierten Kiswahili-Lehrers und bei Kolo auf einem sehr idyllisch gelegenen Campground in den Hügeln, wenige Kilometer außerhalb des Ortes.
Die Lektion, ein Zelt nicht unter einem Laubbaum aufzustellen, wenn das Wetter regnerisch ist, bekamen wir in Bereku gratis, denn kurz nachdem die Zelte standen kam ein längerer Regenschauer herunter, der noch lange nachwirkte, auch als aus den Wolken schon längst kein Regen mehr herauskondensierte.

Die Verpflegung unterwegs ist einseitig aber ausreichend. Aus dem anfänglich noch luxuriösen Spanish Omlette zum Frühstück ist trockener Toast mit hartgekochtem Ei geworden. Manchmal tut es auch ein einfacher, Chapati genannter Eierpfannkuchen. Bananen kann man in den Dörfern an der Straße kaufen, oder Tomaten und manchmal eine Avocado, wobei Brot selten zu finden ist. Zum Abend sind Reis mit Bohnen und etwas Grünblattgemüse beinah die Regel. In Haneti, einem Dorf etwa 90 km nördlich von Dodoma, verdient das örtliche Straßen-Barbecue für einige Kilogramm Ziegenfleisch gut an den Nichtvegetariern unter uns. Das Fleisch hängt dort wie so häufig in afrikanischen Ländern, den lieben langen Tag über ungekühllt an der Luft und muss deshalb gut durchgegart werden, was aber über der Holzkohlenglut kein Problem ist. Gesundheitliche Schwierigkeiten hat bisher niemand.

Auch am Material sind trotz der schlechten Straßenverhältnisse bisher keine größeren Schäden entstanden. Fünf Plattfüße (vier davon am selben Reifen), eine gerissene Kette und ein auseinander gefallener Gepäckträger unseres Tourguides, der dann fachmännisch mit dem Elektroschweißgerät und zusätzlichen Streben verstärkt wurde. Derartige Reparaturen lassen sich in Afrika schnell organisieren.
Für die nächsten Tage erwarten wir dann wieder einfachere Straßenverhältnisse.
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Südlich Tansanias Hauptstadt, 17. Juli 2015
Christian

..wird die Landschaft karg und die Nachmittage heißer als bisher. Trotz fast nicht vorhandener Infrastruktur finden wir aber in den Dörfern am Weg noch erstaunlich viele Gästehäuser mit Zimmern. Nicht immer in ausreichender Zahl, aber eine Lösung findet sich eigentlich immer.

In Dodoma starten wir früh bei noch angenehmen Temperaturen in Richtung Süden, haben anfangs eine neu angelegte Umgehungsstraße unter den Rädern, die um die südlichen Außenbezirke mit ihren schlichten Lehmhäusern unter in der Sonne glänzenden Wellblechdächern herumführt. Der Asphalt hat relativ groben Kies als Basis und wird stellenweise recht uneben, fährt sich durchgängig aber sehr komfortabel, verglichen mit den Pisten, die wir bis Dodoma hatten.

Nach einer leichten Anhöhe, die nach rund 5 km erreicht ist, läuft es erstmal einen langen seichten Abhang hinunter an dem uns auch noch Rückenwind zunächst beflügelt, bevor die Straße, schon außerhalb der Stadt, wieder moderat ansteigt. So geht es über viele Kilometer immer auf und ab und dank der verschiedenen kleineren Höhenzüge, die wir umfahren, mit immer wieder wechselnder Windrichtung. Insgesamt steigen wir im Gelände jedoch ab und die Landschaft wird immer trockener und karger. An einem Wasserreservoir wird Gemüse angebaut, sonst aber nur trockene rötliche Erde auf der einzelne ausladende Akazien stehen.

So geht es schnell voran und schon gegen Mittag haben wir bereits 50 km absolviert. Die Hügel rücken weiter auseinander, in der Ebene stehen jetzt vermehrt Baobabs, die in der Gegend um Manzase einen lockeren Wald bilden. Um den Ort herum wird verhältnismäßig viel Gemüse angebaut, neben der Straße stehen ganze Felder hoch rankender Tomaten und, überraschend: auf einer größeren Fläche wird Wein angebaut und die Reben hängen voller Trauben.

Wir übernachten in dem Dorf Fufu, zelten auf dem Gelände der dortigen Primarschule, nachdem am Nachmittag der Unterricht beendet ist und bekommen später einfaches Essen vom Kochfeuer an der Straße. Chipsi with Eggs, was die schlichte Tansanische Form einer Tortilla ist. Mit Chilisauce aber ganz lecker und, na ja, eigentlich die einzige Abwechslung zu Reis mit Bohnen. Die Schule ist leider in einem ziemlich erbärmlichen Zustand, nur zwei der vier Klassenräume sind überhaupt benutzbar, das Dach größtenteils eingefallen. Unser Besuch wird aber sehr wertgeschätzt und im Gästebuch der Schule stehen unsere Namen nun auf der ersten Seite.

Am folgenden Tag müssen wir die Zelte bis 6.30 Uhr abgebaut haben und fahren 9nach einem kurzen Frühstück bereits sehr früh weiter in Richtung Mtera. Eigentlich ist die Strecke jetzt hauptsächlich flach, die Ebene der Baobabs bleibt uns noch eine Weile erhalten, aber gegen 9.00 Uhr setzt Gegenwind ein, der uns das Fortkommen weiterhin erschwert. Es wäre ja auch zu einfach. Vor Mtera wird die Gegend dann wieder hügeliger und die letzten 20 km fahren wir bereits in Sichtweite des Mtera-Stausees, der sich in Nordsüdrichtung erstreckt und durch einige Höhenzüge eingerahmt wird. Die neu entstehende Stromtrasse zu diesem Stausee konnten wir schon seit Dodoma bewundern.

In Mtera verteilen wir uns auf zwei der drei an dem kleinen Ort vorhandenen Gästehäuser und haben damit wieder ein kleines Bisschen mehr an Komfort gegenüber dem Zelten, denn fließendes Wasser gibt es auch nicht, das Moskitonetz ist löchrig und das Bett viel zu weich. Die Nacht wird außerdem sehr unruhig, da der Ort erst am Abend zu Leben erwacht, das bis tief in die Nacht sein geschäftiges Treiben entwickelt. Busse kommen erst spät hier am Ort an, manche halten nur kurz auf der Durchreise, LKW bringen Waren ins Dorf, die Leute in der Nachbarschaft feiern. Mitten in der Nacht prügeln sich dann noch zwei Katzen eine ganze Weile auf dem klapprigen Blechdach der Herberge.

Trotzdem sind wir gegen halbneun am nächsten Morgen, nach einem schnellen Frühstück mit Chapati und Tee, schon wieder munter auf der Strecke, fahren weiter an dem Stausee entlang, ohne aber dessen grünlich blau schimmernde Wasserfläche von der durch die Hügel führenden Straße aus noch einmal zu sehen. Es wird ein sonniger, heißer Tag, der uns ab der Mittagszeit nach etwa 40 km erst mit einem leichten Anstieg, dann mit einer sich mehr als 20 km lang die Berge am Mbungu-Fluss in vielen Serpentinen hinaufarbeitenden Rampe überrascht. Unser nächstes größeres Ziel, die Provinzstadt Iringa, liegt auf einem Hochplateau von etwa 1600 m über NN und irgendwie müssen wir ja dort hinaufkommen.

Das ist fordernd, das strengt die Oberschenkelmuskulatur gehörig an, aber bietet sonst keine wirkliche Herausforderung. Langsam aber stetig rollen wir unterschiedlich schnell den Berg hinauf und sammeln uns später in dem Örtchen Nyang’oro für die nächste Portion Reis mit Bohnen – und, welch Abwechslung, die junge Chefin des kleinen Straßenrestaurants bietet frischen, mit Chili aufgepeppten Tomatensalat. Lecker!
Mit müden Beinen arbeiten wir uns nach der verdienten Pause dann noch weitere 5 km ins benachbarte Isimani und beziehen nach kurzer Diskussion mit dem Eigentümer des dortigen Guesthouses dessen sechs Zimmer, die jeweils nicht mehr beinhalten, als ein knarrendes Bett und einen schon müde aus der Halterung hängenden Vorhangs vor dem Fenster zum Hof.
Es dauert noch eine Weile, bis auch Wasser für eine schnelle Dusche aus dem Eimer organisiert ist. Das Bier für den Abend haben wir da schon längst kalt stellen lassen.

Der vierte Tag auf diesem Teilstück bis Iringa ist dann nur noch eine kurze Etappe von knapp über 40 km, die sich trotzdem in die Länge ziehen, da uns der Wind vom Morgen an böig in die Seite bläst und die Region wellig bleibt.

Die Stadt kündigt sich dann mit zunehmendem Verkehrsaufkommen bereits einige Kilometer vorher an. Die Zahl der uns entgegen kommenden LKW nimmt zu, überfüllte Kleinbusse halten am Straßenrand, ohne Rücksicht auf Radfahrer. Wie überall in Afrika.

Bis hierher war das Verkehrsaufkommen praktisch nicht merkbar. Erstaunlich für eine Überlandverbindung zwischen zwei (vermeintlichen) Großstädten eines Landes von der zweieinhalbfachen Größe Deutschlands.

Habari gani – gibt es Neuigkeiten?
Juli 17, 2015 Christian
Ein Kommentar

Unser Quartier in Iringa, das Embalasasa Motel liegt unweit der zentralen Busstation und des Marktes. Die Nachtruhe hält deshalb wieder einmal nur kurz an. Schon lange bevor der Muezzin einer nahen Moschee am frühen Morgen zum Gebet ruft, starten von dort Busse, jaulen verrußte Dieselmotoren auf, um schnell warm zu laufen. In den Straßen wird laut diskutiert.
Auf dem Land kann man die Stille der Nacht hören, wenn nicht gerade Hunde kläffend ihre Revierkämpfe austragen, man kann die kaum erfassbare Zahl der Sterne am Himmel von Horizont bis Horizont bestaunen – in der Stadt ist beides nicht möglich, deshalb wiegt der Komfort eines einigermaßen ordentlichen Hotelbetts nur relativ gegenüber einem weltabgelegenen Zeltplatz, oder einem spartanischen Guesthouse auf dem Dorf. Wobei diese meist in der Nacht aus Sicherheitsgründen verschwendend hell beleuchtet sind.

In der Stadt ist die Auswahl an Restaurants in der Regel besser, als irgendwo an der Straße, wo auf dem offenen Feuer gekocht wird und die Auswahl entsprechend nicht sehr groß sein kann. Gut schmecken tut es aber überall und die hygienischen Bedingungen unterscheiden sich hier wie dort nicht wirklich.

Mittagessen in einem kleinen Restaurant

Scharf würzen kann man auf Nachfrage fast immer. Hier in Iringa bietet der große Markt aber auch genügend Auswahl an Gemüse und Obst für die Selbstversorgung und der Fisch ist in den kleinen Restaurants auch nicht schlecht.

Den Pausentag verbringen wir mit viel Geduld im Internet-Café (muss ja mal sein), mit Kaffeetrinken (ja, es gibt auch einen von Indern betriebenen Coffee-Shop, in dem sich außerdem gut frühstücken lässt), mit Wäschewaschen, Fahrrad reinigen und mit Ausspannen, bevor es morgen weiter südwärts geht.

Gedanken zur Radtour (vereinfachte Darstellung)
Juli 22, 2015 rolfhell
Ein Kommentar

Auf so einer Radtour durch Afrika ist das Leben einfach und geregelt. Wenn die Sonne aufgeht, steht man auf; wenn sie untergeht, geht man zu Bett. Die Zeit oder eine bestimmte Reise-Geschwindigkeit hat keine Bedeutung; man passiert austauschbare Orte und es ist egal, wo man abends ankommt. Man hat keine Termine, keine Verpflichtungen, ist von jeglichen Aufgaben entbunden. Man hat kleine, schlichte Wünsche, z. B. eine Tomate, ein paar Erdnüsse, ein Bier. Das stundenlange Radfahren geschieht automatisch, fast unbemerkt und am Ende des Tages denkt man: “Huch, heute habe ich 80 km geschafft.” Während der Radtour hat man nur noch grundlegende Bedürfnisse: essen, trinken, schlafen!
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Märkte, Transportwesen und die Landschaft
Juli 23, 2015 Christian

Eine spannende Entdeckungsreise ist immer der Besuch eines der größeren Märkte in den Städten, wo das Durcheinander an Menschen und Waren so farbenfroh wie unübersichtlich ist. Iringa z.B. hat eine große Markthalle, mit zwei gewölbten Dachbögen unter denen hauptsächlich Gemüse, Getreide und Obst gehandelt werden, während alle anderen Waren des täglichen Bedarfs im weiteren Umkreis dieses offenen Zweckbaus, in verwinkelten Straßenzügen angeboten werden, wo ein Minigeschäft neben dem anderen quasi immer das Gleiche Sortiment anbietet. Seifen, Toilettenartikel, Parfums, Kekse aus dem Oman, Nudeln und Tomatenmark, Zuckerlimonaden, Wasser.
Nebenan werden bunt bedruckte Wachsstoffe aus Nigeria gehandelt, dann billige Reisetaschen, dann Haushaltsartikel, Schüsseln, Becher, Teller aus Aluminium und Plastik, einfarbig und mehrfarbig und in unüberschaubar vielen Formen und Größen.

Uns interessiert aber eher der Markt an sich, das Angebot an Tomaten, Avocados, Paprika, Zwiebeln, Gurken für den abendlichen Salat, wann immer wir in einer Stadt einen Markt finden. So ergänzen einige unter uns das ansonsten eintönige Kuku na Chipsi oder Chipsi Mayai.

Iringa, Mafinga, Makambako, Kimani, Uyole lauten grob unsere Stationen und inzwischen befinden wir uns noch rund drei Tage von der Grenze zu Malawi entfernt.
Unterhalb des Escarpement von Iringa (die Stadt liegt auf etwa 1600 m) kommen wir auf die Hauptverbindung zwischen Dar es Salaam und Mbeya. Der Schwerverkehr, Tieflader, Container-Trucks und Öl-Transporter zieht häufig auch noch weiter bis nach Sambia und in den Kongo und macht uns für einige Tage das Leben auf der Straße schwer. Die LKW haben auf der schmalen Straße nebeneinander kaum Platz zum gegenseitigen Passieren oder Überholen, da sind wir Radfahrer am Rand der Straße im Weg und jeder macht zwischen Iringa und Uyole mehr als einmal die Erfahrung, das die Flucht in das oft brüchige Bankett die bessere Alternative ist, als zwei sich überholenden LKWs die Stirn zu bieten.

Südlich von Iringa bleibt die Landschaft bergig, wir klettern auf 1700 m, rollen abwärts auf 1100 und steigen zurück auf über 1800m in fünf Tagen. An der Isimilja Gorge, einer geologisch interessanten Sedimentformation mit steinzeitlichen Funden, etwa 25 km südlich von Iringa verbringen wir einen angenehmen Tag unter Berlinern, denn das dortige Camp wird von einem Deutsch-Tansanischen Paar mit drei pfiffigen Kinder betrieben und für ein Abendessen und ein leckeres Frühstück am Tag darauf kommen kulinarisch heimatliche Gefühle auf.

Die Etappen variieren nun zwischen 40 und 86 km bei Anstiegen von in Summe jeweils 350 bis 900 Höhenmetern und Nachmittagstemperaturen von inzwischen mehr als 30 Grad Celsius. Je nach Höhe unseres Nachtquartiers (hier in Uyole um 1800 m) wird es in der Nacht auch empfindlich kalt.

Der Ostwind, den wir für mehrere Tage quer zur Fahrtrichtung und hinter Makambako für immerhin wenige Stunden und einen heißen Ritt über die Hügel und langgezogene Rampen hinunter auf etwa 1100 m Höhe (bei Spitzengeschwindigkeiten von über 60 kh/m!) kräftig und böig zu spüren bekamen, ist inzwischen eingeschlafen.

Auch LKW-Fahrer erliegen nur allzu gerne dem Geschwindigkeitsrausch, was häufig genug auch schief geht. Wachsam sind wir deshalb immer und freuen uns auf die nächsten Tage, die wir in Richtung Malawi von der stark befahren A104 endlich wegkommen und wieder deutlich entspannter südwärts rollen können.

Beständigkeit
Juli 25, 2015 Christian

Nichts ist in Afrika so beständig und auch so erfolgreich, wie die Improvisation. Das betrifft eigentlich alle Lebenslagen und Beispiele finden sich zuhauf. Seien es praktische Dinge, wie die sanitären Einrichtungen vieler der einfachen Gästehäuser in Tansania, die zwar häufig montiert sind (Dusche, Waschbecken, Klospülung), aber bis auf einen kleinen Wasserhahn auf ungefähr Kniehöhe in der Regel nicht funktionieren. Unter den Hahn kann man einen Eimer stellen, aus dem man sich mit einem Schöpfbecher wäscht bzw. das Klo spült. Oft aber gibt es nicht einmal diesen Wasserhahn. Man bedient sich dann mit seinem (oder, wenn nicht vorhanden, einem geliehenen) Eimer an einer zentralen Stelle im Hof des Etablissements.

Oder auch die Ausstattung des Fahrrades unseres tansanischen Guides, als Mountainbike immerhin mit guten Voraussetzungen für eine Gewalttour über die Berge Ostafrikas ausgestattet, auch wenn alle Gänge der Schaltung nicht mehr erreichbar sind. Der recht filigrane Gepäckträger fiel bereits in der ersten Woche wegen Überlastung auseinander, zum Glück noch bevor wir auf die schlechten Pisten nördlich von Dodoma gefahren sind. Die Reparatur erfolgte einfach und effektiv mit der Wunderwaffe afrikanischer Schlosserbetriebe schlechthin: mit einem Elektroschweißgerät wurden kurzerhand zwei massive Stützstreben in den Gepäckträger eingeschweißt, der seitdem wunderbar hält.

Auch die Preisgestaltung in Restaurants oder für Hotelübernachtungen ist nichts dauerhaft Gegebenes. Beträge werden gerne improvisiert, wenn der Kunde (oder Gast) keine dunkle Hautfarbe hat. Diese Erfahrung haben wir gleich zu Beginn (nur zu zweit am frühen Nachmittag in Arusha unterwegs) in einem einfachen Schnellrestaurant in der Nähe des quirligen Busbahnhofs gemacht, wo eine Portion Reis mit Fisch (es gab an dem frühen Nachmittag nur noch Fischköpfe quasi zum Abnagen) statt der üblichen 4.000 Schillinge plötzlich 35.000 Schillinge kosten sollte. Es wäre jetzt ja keine Fischsaison und der Fisch müsste aufwendig von der Küste bis in die Bergregionen transportiert werden, gab man uns als Begründung. Rechtzeitiges Fragen nach dem Preis für das eh schon nur aus Resten bestehende Essen hätte uns natürlich auch geholfen, aber wir mussten dann eine recht langwierige Diskussion mit dem jungen Unternehmer, der sich als Manager bezeichnete, führen, um ihn letztlich davon zu überzeugen, dass wir uns nicht verarschen lassen würden.

Doch selbst die Preise auf einer ausgelegten Speisekarte kann man oft nur als unverbindliches Angebot sehen, da natürlich auch die Einkaufspreise der Restaurantküche variieren können und man nicht ständig die aufwendig gestaltete und laminierte Karte ändern kann. So sind Diskussionen über den Rechnungspreis nach dem Essen gelegentlich unvermeidlich, da der Fisch oder das Huhn zur Kompensation der gestiegenen Preise nun plötzlich ein- oder zweitausend Schillinge mehr kosten.
Und immer muss man bei größeren Rechnungen für die ganze Gruppe nicht nur die einzelnen Positionen kontrollieren, sondern auch deren Anzahl, denn gerne wird mehr aufgeschrieben, als konsumiert wurde.
Aber wir lernen ja dazu und fragen inzwischen nicht nur nach dem tatsächlich verfügbaren Angebot (das häufig nur ein Bruchteil dessen ist, was in der Karte steht), sondern auch nach dessen Preis, bevor wir bestellen.

Inzwischen befinden wir uns kurz vor der Grenze zu Malawi in einer sehr fruchtbaren Gegend von Tansania, wo nicht nur Mais oder Soja wie im Norden angebaut werden, sondern Kartoffeln, Kohl, Bohnen, Bananen, Tee im kleinen, wie im größeren Maßstab und gelegentlich auch Kaffeebohnen und Mohrrüben.
Den vermutlich höchsten Punkt unserer Reise haben wir gestern mit rund 2290 m im Dörfchen Njipanda überquert. Hatten wir von Uyole her mit bis zu 7% Steigung den ganzen Vormittag über an den Hängen zu kämpfen, so ging es danach in zwei Abschnitten und in rasender Fahrt über viele Kilometer wieder abwärts bis auf unter 1400 m. Noch einmal müssen wir zum Glück nicht so hoch hinaus.

Aber die Landschaft ist herrlich, erinnert aus der Ferne betrachtet ein wenig ans Allgäu, aus der Nähe aber befindet man sich natürlich in Afrika und auf einer kleinen, improvisierten Exkursion gestern Nachmittag noch zu dem Ngozi Crater Lake, konnten wir uns auch noch durch dschungelähnliche Wildnis den Kraterrand hinaufarbeiten.

Andere Länder …
28. Juli 2015 Christian

Malawi ist anders. Nicht nur der Asphalt ist hier gröber und der Verkehr deutlich dünner, auch die Menschen sind hier am nördlichen Ende des Malawi-Sees irgendwie noch freundlicher, als sie es in Tansania schon waren.
Hilfsbereit und um den seltenen, hellhäutigen Besucher besorgt ist man außerdem, wie wir bei einer Reifenpanne kurz vor dem Erreichen von Karonga gestern mittag feststellen durften. Freundlich und hilfsbereit, bis auf die Kinder in den Dörfern entlang der Straße, die ihr “Give me money!” hier noch penetranter hinter uns herrufen, als wir es bisher gewohnt waren.
Malawi liegt eine Stunde hinter Tansania, so haben wir hier wieder die gleiche Uhrzeit wie zuhause die Sommerzeit. Damit wird es allerdings auch eine Stunde eher dunkel und die Tage damit noch kürzer. Die Sonne verschwindet gegen halbsechs nachmittags; um halbsieben ist es bereits finster, am Morgen ist es nun aber um sechs bereits hell.

Wir sind nun gestern nach Karonga gekommen, nicht ganz 50 km südlich der Grenze zu Tansania und hatten bis dorthin eine angenehm flache Etappe nach den letzten, doch ziemlich bergigen Tagen. Kurz nach der Grenze gesellte sich ein allein durch Afrika radelnder junger Kanadier zu uns. Seit einem Jahr ist er von China aus auf dem Weg um die Welt und will in rund einem Jahr wieder in Kanada sein. Es gibt sie also immer noch, die unerwarteten Begegnungen, sowohl für uns interessant, mit einem für einige Jahre in China beschäftigten Englischlehrer aus Kanada über verschiedene Länder Afrikas zu philosophieren, als auch für ihn, sich für eine kurze Zeit mit auf dem Rad reisenden Europäern auszutauschen.

Der Abstieg am Tag vorher von noch über 1500 Metern, nachdem wir Tukuyu passiert hatten, herunter auf rund 550 Meter war ein heißer Ritt auf dem Asphalt durch eine wunderschöne, fruchtbare Region Tansanias mit Bananenhainen, Teepflanzungen unterschiedlicher Größe, Bohnenfeldern entlang der Straße und bewaldeten Abschnitten, die allerdings immer karger wurden, je tiefer wir im Geländeprofil kamen. Einzelne Kakao-Bäume waren darunter, später standen hauptsächlich Teak-Bäume an der Straße.
In Kusumula, dem Grenzort auf tansanischer Seite haben wir am Abend dann Abschied von dem Land genommen, das uns für rund 24 Tage viel Abwechslung, bergige Radetappen und immer wieder überraschende Momente beschert hat.

Am nördlichen Bereich des Sees ist Malawi im Gegensatz dazu flach, die Berge sind zunächst weit in den Hintergrund gerückt. Neben Baumwolle hier in der Gegend von Nyungwe, wird rund um Karonga Reis angebaut, der vor kurzem geerntet wurde und nun vor den Sammelbetrieben in einigen der größeren Dörfer zu Bergen aufgeschichtet liegt und großflächig auf Planen getrocknet wird. Mit dem großen See ist genügend Wasser für die aufwendige Bewässerung der Reisfelder verfügbar. Die meisten Parzellen liegen aber im Moment abgeerntet und trocken da, Rinder fressen die Reste der trockenen Büschel ab.

Umdenken heißt es nun mit der Währung – nicht mehr 10.000 Schillinge entsprechen rund 4 Euro, sondern 1.000 Kwacha ergeben knapp 2 Euro – und auch mit den Preisen an sich. Hotels, Lodges, Gästehäuser sind hier gleich um einiges teurer, das Essen an der Straße nun etwas preiswerter. Ugali nennt sich nun Nsima, Reis gibt es aber auch noch.

Hier in Nyungwe haben wir die Zelte im Floja-Camp aufgeschlagen, unter schattigen Bäumen (allerdings ist der Himmel heute schon den ganzen Tag über bewölkt), direkt am Strand des Sees mit Blick auf die sich am fernen, gegenüberliegenden Ufer aus dem Dunst herauslösende Silhouette der Berge auf Seiten Tansanias. Der See hat hier eine Breite von ungefähr 35 Kilometern, am Strand vor uns wird im Abendlicht eine Herde Rinder von zwei Jungs vorbei getrieben.

Vom Leben am See und dem schönsten Zeltplatz Malawis
31. Juli 2015, Christian

In den Dörfern am Malawisee lebt man überwiegend vom Fischfang. Kleine, Sprotten ähnliche Süßwasserfische werden in großer Zahl mit Netzen und traditionell mit dem Einbaum aus dem See gezogen, gekocht, getrocknet und auf den lokalen Märkten verkauft. Die Fischer fahren erst spät in der Nacht aufs Wasser heraus und locken den Fisch mit Lampen an die Netze, was man vom Ufer aus bis in den frühen Morgen als eine Kette schwankender Lichter entlang des Horizonts beobachten kann. Ein stilles, beinah gespenstisches Treiben, das sich in der Morgendämmerung quasi auflöst, wenn die Fischer langsam zurück zum Ufer paddeln.

In der Nähe von Ngara haben wir für zwei Tage die Zelte auf dem Campground einer von Holländern betriebenen Foundation zur Nachhilfe von Schülern verschiedenster Altersgruppen aufgeschlagen, einem fast idyllischen Fleck unter schattigen Bäumen, mit großem Gemüsegarten, gemauertem Grillplatz und dichtem Rasen unter den Zelten. Die Etappen waren zuletzt, seit der tansanischen Grenze, eher kurz und flach, allerdings auch mit zunehmendem Gegenwind. In der Mittagszeit steigt die Lufttemperatur hier unten am See regelmäßig auf Werte jenseits der 30 Grad und dann will man nicht mehr so gerne in der Sonne unterwegs sein. Der Wind schläft aber in Ufernähe tagsüber kaum ein, wird eher zum Dauersturm, der bis zum Abend anhält und die Zeltplanen in Bewegung hält, und so lässt es sich doch ganz gut aushalten.

Nach dem Pausentag bei der FloJa-Foundation geht es südwärts weiter nach Chitimba und Chiweta. Dort wird nun auf die einmal wöchentlich verkehrende Ilala gewartet, ein uraltes, kleines Fährschiff, das einige der Küstenorte des Sees, die teilweise gar nicht oder nur schlecht über Straßen erreichbar sind, untereinander und mit den Inseln im See verbindet. Die Fähre soll die Gruppe nach Usysia bringen, von wo aus es dann in die Berge nach Mzuzu weitergehen soll.

Mein Teil der gemeinsamen Reise in Richtung Simbabwe ist damit vorbei. Da Lilongwe, die Hauptstadt Malawis nicht an der geplanten Strecke liegt und der nächstgelegene Punkt, Ntchisi, erst am Tag meiner Rückkehr nach Deutschland erreicht wird, trenne ich mich hier im Norden von der Gruppe und fahre über Livingstonia, Rumphi, Mzuzu und Kasungu zum Flughafen von Lilongwe.

Livingstonia allerdings ist schwer zu erreichen. Der Weg von Chitimba hoch in die Nyika Berge hat es in sich. Die S103 beginnt an der M1 als Sandpiste und wird kurz darauf, ab der ersten Steigung, zum mit Abstand schlechtesten Rough Road, den ich je gefahren bin. Eine schmale Steinpiste mit Steigungen von stellenweise mehr als 10% und insgesamt 19 Kehren, von denen die Steileren glücklicherweise betoniert sind. Abschnittsweise muss ich schieben, an anderen Stellen kann ich einigermaßen pedalieren und nach etwas mehr als eineinhalb Stunden sind die rund 700m Höhenunterschied überwunden. Aber es ist die Anstrengung wert. Schon nach zwei Kehren ist der Ausblick zurück, hinunter auf das kleine Chitimba und entlang der Uferlinie des Malawisees, phänomenal, und je höher ich komme, desto weiter reicht mein Blick über diese relativ grüne Region Malawis. Weiter weg von der Welt, als hier am Berg, kann man kaum irgend woanders sein.

Die Mushroom Farm ist ein sich von oben an den Hang schmiegender paradiesischer Spot zum Entspannen, Seele baumeln lassen, die umgebende Landschaft in sich aufsaugen. ‘Africa at a glance’, wenn die Sonne hinter den Höhen des Nyika-Massivs verschwindet und dabei die hier am Hang stehende Vegetation in warmen Farbtönen zum Leuchten bringt. Öko-Klo mit Ausblick in die Weite und Freiluftdusche mit Warmwasser sind kleine Annehmlichkeiten Bis nach Livingstonia sind es von hier aus noch rund 5km auf nun gleichbleibender Höhe und die Dörfer unten in der Ebene des Malawisees wirken wie Lichtjahre entfernt. Bis mit Einbruch der Dunkelheit unzählige Grillen ihr Nachtkonzert anstimmen, ist sie hier wieder hörbar, die Stille.
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Usisya, 6. August 2015
Michael

Ob die “Ilala” wirklich fahrplanmäßig um 6.00 Uhr von Mlowe aus losfahren würde, konnte uns vorher niemand so genau sagen. Da wir in Usisya, einer wunderschönen Bucht, etwa 50 km südlich von Chiweta am Malawisee gelegen, Station machen wollten und die einzige Straße dorthin von Mzuzu her über die Berge herunter führt und also einen Umweg von weit mehr als 100km über die M1 bedeutet hätte, waren wir auf die Schiffsverbindung angewiesen.

Manche meinten, es fährt um 5, andere sagten, es kommt um 4 und wieder andere stellten in Frage, dass es überhaupt fährt. So sind wir also schon am Tag vorher mit den Rädern bis zur Fähranlegestelle geradelt, wo es eine einfache Unterkunft gibt, dann morgens um 3.30 Uhr raus und 4 Minuten im Dunkeln den Weg hinunter ans Ufer gefahren. Bald kamen auch schon andere Leute und bauten ihr Gepäck auf und kurz darauf sah man ein Licht sich auf dem Wasser bewegen. Es hätte nach meinem Empfinden ein kleines Fischerboot mit Laterne sein können. Doch kurz vor 5.00 Uhr ankerte draußen auf See die prächtige “Ilala”. Das Schiff hat inzwischen weit mehr als 60 Jahre auf dem Kasten und wurde bereits unzählige Male repariert.

Ein Beiboot wurde herabgelassen, fuhr zwei mal zur Anlegestelle und wieder zurück um neben uns ca. 20 weitere Passagiere aufzunehmen und an Bord zu bringen. Ich bin froh, dass mein Vorschlag angenommen wurde, alles Gepäck abzuladen, eine Kette zu bilden, erst das Gepäck und dann die Räder in das kleine Boot zu hieven. Normalerweise geht es bei uns meist so, dass jeder für sich denkt und sich seinen Vorteil zu sichern sucht. Unser tansanischer Guide war diesmal keine große Hilfe, da er am Abend zuvor gekifft hatte und noch entsprechend abwesend war.

Die Schiffsfahrt dauerte dann fast 5 statt der geplanten 3 Stunden, die von der Seeseite her aufgehende Sonne beleuchtete gegen 6 Uhr die Bergkette und das war wieder mal ein eindrucksvolles Bild. Bei Daniela ging es dann gleich zum Mittagsimbiss über, bevor wir uns das Gelände und die Unterkünfte ansahen. Wir entschieden uns alle für’s Zelten. Auf dem Gelände gibt es neben einer Kompost-Toilette mit unglaublich schönen Ausblick über den See auch eine neue Dusche. Doch da beim Wassertank oder bei der Pumpe etwas defekt ist, gibt es dort momentan leider kein Wasser. Dani will noch viel bauen, hat alle Materialien und auch Zement schon bei ihrer paradiesischen Campsite – aber inzwischen ist der Maurer spurlos verschwunden.
Dinge, die man in Afrika einfach nie wird planen können…

Begegnungen unter Touristen, 7. August 2015
Christian

Es ist schon längst Abend, als der Truck unter starker Staubentwicklung die schmale Zufahrt ins Mabuya Camp in Lilongwe hineingerollt kommt, auf dem Parkplatz behäbig wendet und dann rückwärts langsam an den einigermaßen gepflegten Rasen des zweiten Zeltplatzes andockt, eng zwischen zwei dort bereits geparkte Geländewagen.
Es ist einer dieser Overlander-Trucks, die den Frieden eines Zeltplatzes unerwartet und empfindlich stören können, weil sie unvermittelt ein Dutzend oder mehr Menschen ausspucken, die ausschwärmen und ihre einheitlich dunkeloliv gefärbten pilzartigen Zelte wie zu einer Zeltburg formiert aufstellen. Daneben entsteht rasch eine mobile Küche, die wegen der Dunkelheit vom Truck aus mit Scheinwerfern hell erleuchtet wird. Man ist autark und bietet seinen Gästen umfassende Versorgung, lediglich die sanitären Einrichtungen werden nun mitbenutzt und über das am Tag Gesehene wird noch lautstark diskutiert.

In Uyole, im Süden Tansanias war solch ein Truck an mir vorbeigerollt, möglicherweise vom selben Veranstalter, denn auch das Fahrzeug dort hatte ein britisches Kennzeichen und war sehr ähnlich zugeschnitten, so wie der Truck von Oasis Overland hier auch. Die Reisegäste sitzen sehr hoch über dem Fahrbahnniveau, quer zur Fahrtrichtung hinter den großzügigen Aussichtsöffnungen, quasi wie im Kino, und haben so eine breite ungestörte Aussicht in die Landschaft. Sie sind vom Boden aus kaum zu sehen, nehmen selbst nur wenig wahr, was in ihrem direkten Umfeld an der Straße geschieht, es sei denn sie würden direkt den Blick aus der Öffnung nach unten richten. Den Radreisenden, an dem ihr Fahrer den breiten Wagen gerade vorbei zirkelt, weil der sich nicht durch Hupen von der Straße vertreiben lässt, nehmen sie praktisch nicht wahr.

Eine eigene, etwas sterile Art von Reiseabenteuer. Man wird den ganzen Tag über gefahren, überbrückt relativ schnell große Distanzen und muss sich um nicht allzuviel kümmern. Zur Ruhe kommt man dabei allerdings nicht, bei Sonnenaufgang wird das Camp abgebaut, gefrühstückt und dann auch bald in die nächste Tagesetappe gestartet, vor Sonnenuntergang kommt man selten mal irgendwo an. Dann heißt es (siehe oben) schnell das Zelt aufbauen und essen. Besonders nahe kommt man dem wahren Leben in den besuchten Ländern auch nicht, muss man aber auch nicht, denn die Versorgung ist ja in der Regel gesichert.

Der Truck kommt dank Allradantrieb praktisch überall durch und so kann der Veranstalter recht interessante und umfangreiche Reisen anbieten. Dieser hier fährt von Gibraltar aus einmal rund um Afrika in nicht ganz einem Jahr und die Gäste können wochenweise die jeweiligen Abschnitte buchen.

Eine Begegnung ganz anderer Art, quasi auf Augenhöhe, ist die mit einem gleichgesinnten Radreisenden. Mark aus Kanada ist so einer und er war gerade mal eine Stunde im Mabuya Camp, als ich dort am Dienstagnachmittag ebenfalls eingetroffen bin. Wir hatten uns bereits acht Tage zuvor am Songwe River, dem Grenzfluss zwischen Tansania und Malawi getroffen und waren später eine Zeitlang gemeinsam in Richtung Karonga gefahren, hatten uns dort aber bei der Quartiersuche mit der Gruppe aus den Augen verloren.
Hier in Lilongwe treffen wir uns also wieder und haben mehr Zeit, Reiseerfahrungen auszutauschen, da er hier ebenfalls einige Tage bleibt, um auf ein Visum zur Weiterreise durch Mosambik zu warten. Ich warte nur auf meinen Rückflug nach Deutschland, freue mich aber über die unerwartete Bekanntschaft mit dem um die Welt radelnden Kanadier, der bereits in vier Wochen in Johannesburg sein will. Als er mit seinem Transitvisum in der Tasche zwei Tage später mit gemischten Gefühlen aufbricht, weil er nur sechs Tage Zeit bekommen hat und gleich seine nächste Etappe bis an die Grenze zum Nachbarland bei Dedza wieder eine harte Bergaufstrecke beinhaltet, tauschen wir noch Adressen aus und wünschen uns gegenseitig alles Gute, während die Overlander einen Tag später so kommentarlos von der Bildfläche verschwinden wie sie am Abend zuvor erschienen sind.

Ergänzung von Michael am 23.08.15, inzwischen in Sambia:

Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes auf dem Luangwa River Campingplatz passierte es: die Overlander fielen ein. Am ersten Tag waren wir noch fast alleine auf dem Platz, nur ein südafrikanisches Pärchen mit PKW und Anhänger sowie zwei Motorradfahrer aus der Schweiz waren da und wir tauschten uns aus.

Am Nachmittag des zweiten Tages donnerte dann plötzlich ein knallroter LKW auf den Platz, spuckte zwei Handvoll Reisende aus, die ruckzuck ihre großen Zelte aufbauten und anschließend die bequemen Campingliegen hineinschoben. Der Platz war plötzlich voll, Duschen und Toiletten sofort besetzt.

Individuell waren es ganz nette Leute, eine Reisende hatte sogar beim Forum ‚Anders Reisen‘ gebucht. Abends wurde dann der Buffet-Tisch aufgebaut, ein Stuhlkreis gebildet und in der Mitte ein Lagerfeuer entzündet. Bei Bier und Wein wurde auch mal etwas lauter geredet und gelacht, auch als wir anderen längst im Zelt waren und schlafen wollten. Am nächsten Morgen fingen sie um 5:00 Uhr an, ihre Sachen einzupacken, schließlich musste ja wieder eine riesige Entfernung per LKW überbrückt werden. Um 6:00 Uhr fuhren sie dann los.

Normalerweise würde bei uns jetzt gerade der Wecker klingeln, aber so waren wir natürlich schon längst wach. Mir kam es vor wie ein Heuschreckenschwarm, der übers Land herfällt. Von anders reisen keine Spur – eher eine andere Art von Massentourismus.
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Chipata – Katete, 15. August 2015
Michael

Bereits um 8:45 Uhr haben wir 10 km auf dem Zähler, obwohl wir bis dahin auch schon 2 Stopps hatten, weil noch jemand Wasser kaufen musste. Die Great East Road ist breit und glatt asphaltiert, sieht recht neu aus und ist deutlich komfortabler als die letzten Straßen in Malawi. Es geht erst flott voran, doch bald kommt der erste Hügel in dieser trockenen Landschaft. Auch hier haben wir eisenhaltige rote Erde und ein gemeines, welliges Profil.

Nach nicht ganz einer Stunde sind schon 20 km geschafft, bei dem Auf-und-ab scheint es insgesamt eher runter als aufwärts zu gehen. Der Wind kommt weiterhin von Osten und uns eher quer in die Räder, schiebt aber auch mehr von hinten als dass er uns behindern würde. Gute Bedingungen für eine lange Etappe. Eine Panne von Michael Rasta, dessen Gepäckträgerbefestigung mal wieder aus dem Rahmen reißt, bremst uns allerdings erstmal wieder aus. Vor fünf Wochen hatte er schon einmal stabilere Streben einbauen lassen, nun flicken wir zunächst mit drei Kabelbindern. Und dann haben wir auch schon wieder eine Baustelle mit Umleitung; die Great East Road bekommt gerade einen neuen Belag.

Wir kommen durch sehr dünn besiedelte Gegend, nur selten sind einzelne Hütten am Wegrand zu sehen. Es wird zunehmend eintöniger, gelbgrünes Gras, Gestrüpp, Bäume – Pause nach 42 Kilometern. Da sind ein paar Läden und es gibt Bananen, Brot, Mandasi (in heißem Fett ausgebackene Teigbällchen) und im Laden auch etwas zu trinken. Der Himmel ist diesig grau und während wir weiterfahren sind von vorne und später südlich Hügelketten zu sehen. Der Straßenverlauf ist weiterhin wellig aber deutlich abgeflacht. Essenspause nach etwa 63 Kilometern.

Weiter fahren wir auf und ab durch kleinere Hügelketten. Der nächste Straßenbauabschnitt, etwa 10 km vor Katete, lässt uns dann wieder auf einem ganz neuen Stück Straße ohne Autoverkehr fahren. Nach insgesamt 88 Kilometern erreichen wir gegen 13:30 Uhr den Ortseingang von Katete, schauen drei Unterkünfte an, einmal Luxusklasse, einmal super einfach und einmal Mittelklasse. Hier in der Golden View Lodge, bleiben wir in Twin Rooms, nachdem Hendrik für uns einen guten Gruppenpreis ausgehandelt hat. Mit der Küche verhandeln wir noch ein Spaghettieabendessen für alle und unsere Bitte wird erhört, ein paar Biere in den Kühlschrank zu legen.

Wie schon in den letzten Tagen gibt es auch hier keinen Strom, oder besser: er wird „ab ca. 18:00 Uhr“ angekündigt. Aber zur Abwechslung fließt das (kalte) Wasser. Nach dem Duschen und Wäsche waschen (lassen) schauen wir uns den Ort an, der eigentlich nichts zu bieten hat. Am Straßenrand werden Orangen, Melonen, Mandarinen, Bananen, Äpfel und Ananas verkauft und jeder kann seinen persönlichen Bedarf decken.

Nach dem Überprüfen der beiden SIM Karten, die ich mir gestern für Telefon und Internetmodem gekauft hatte, stellt sich heraus, dass sie wohl vertauscht waren, bzw. ich Telefon- und Datenvolumen wohl auf einer Karte hatte. Nach dem Austauschen der beiden Karten funktioniert endlich wieder mein Internetzugang. Hoffentlich hält das auch bis zum Ende der Reise an.

Auf dem Gelände der Lodge sind jetzt Arbeiter dabei, irgendwelche Platten für den Hausbau zu sägen. Die Kreissäge braucht natürlich auch Strom und den erzeugen sie mit ihrem eigenen Generator. Schnell hänge ich meinen Tauchsieder an eine der beiden Steckdosen und kann meine Notizen nun bei einem Nachmittagstee schreiben.
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Hauptstadtflair, 25. August 2015
Rolf

Am Montag hatten wir nur eine kurze Etappe während der wir uns auf verkehrsreicher Straße Lusaka näherten. Große Farmen verdrängen das Buschland an der Straße und verändern radikal das Landschaftsbild, das wir seit Tagen gewohnt sind. Darunter befinden sich viele Hühnerfarmen, von denen einige zum Verkauf stehen. Große Lagerhallen versperren die Sicht, Trafostationen beanspruchen Platz. Man merkt, dass man sich der Hauptstadt nähert.

Nach 29 Kilometern bogen wir bereits zum Camp auf eine tiefsandige Piste ab, wo wir die Räder mal wieder schieben mussten.

Das Camp selbst liegt aber prima, ist außergewöhnlich groß angelegt, alles schon fast europäisch perfekt. Sophie, eine Engländerin, und ihr Freund haben hier in 12 Jahren ein Paradies geschaffen. Hier haben wir dann auch Tobias getroffen, der die letzten Tage auf unserer Reise mitradeln wird.

Leider ist in dem schönen Camp dennoch nicht viel Gelegenheit zur Entspannung, denn auf einem benachbarten Gelände findet zur Zeit eine Art Kirchentag mit mehreren tausend Teilnehmern statt und der Gesang schallt von dort den lieben langen Tag zu uns herüber.

Wir machten artig einen Antrittsbesuch bei den Nachbarn und konnten bei dieser Gelegenheit gleich noch für Dienstag einen Shuttle nach Lusaka (wir sind hier etwa 15 km außerhalb) aus deren Fuhrpark organisieren. Keiner von uns will diese grässliche, sandige Piste bis zur Hauptstraße mehr als erforderlich mit dem Rad befahren, außerdem macht die Stadt mit dem Rad wahrscheinlich keinen Spaß. Am Dienstag soll das Auto vom Kirchentag also um 10 Uhr bei uns am Camp sein. Es wäre aber nicht Afrika, wenn das wirklich eintreten würde…

Also haben wir die Zelte aufgebaut, heiß geduscht und in der Kaffeebar den dort ständig vorrätigen und kostenlosen Kaffee (oder Tee) genossen.

Am Abend gab es Spaghetti Bolognese und Obstsalat, ein Bier und ich gönnte mir einen Gin Tonic. Die Nacht konnte kommen. Bereits kurz nach Sonnenuntergang war es kühl, nachts wurde es richtig kalt.

Natürlich war am Dienstag kein Auto zur vereinbarten Zeit am Tor. Ein Anruf bei Owen, dem Fahrer, führte uns weiter zu der Eigentümerin des Wagens, die mit uns neu in die Preisverhandlungen einsteigen wollte. So suchten wir nach einer Alternative und Alfred, ein Bediensteter des Camps, fuhr uns schließlich für etwa 9 € pro Person nach Lusaka hinein. Dort sind wir am Rand des Zentrums ausgestiegen und haben erst mal Geld gewechselt, denn leider verschwindet das Geld hier ziemlich schnell; in zehn Tagen etwa 220 Euro.

Dann trennten wir uns und fuhren in mehreren Grüppchen mit in der Stadt verkehrenden Kleinbussen zur Cairo- und Lumumba Road mitten hinein ins Marktgeschehen. Michael und Peter kauften Verpackungsmaterial fürs Fahrrad für die Rückreise. Das Material und Teile des Gepäcks werden die meisten hier zurücklassen, denn sie fliegen ja in gut zwei Wochen von Lusaka aus zurück nach Deutschland.

Die Hauptstadt hatte zwar viel Verkehr, aber laut und hektisch war es dort keineswegs. In den Hinterhöfen stapelt sich leider der Müll und auch sonst liegt viel davon herum. An einem Kleidermarkt mussten wir beispielsweise einen schmalen Wasserlauf auf einem wackeligen Holzsteg überqueren, unter dem das Wasser vor lauter Plastikmüll gar nicht mehr zu sehen ist.

Neben den traditionellen Märkten mit ihren kleinen, bunten Händlern gibt es auch Supermärkte, u.a. die Kette „Spar“, wo wir noch einige Dinge, die nun nach mehr als 7 Wochen auf Reisen nötig wurden (Shampoo z.B.), eingekauft haben. Alfred war dann pünktlich wieder am Ausgangsort und fuhr uns zurück ins Pioneer Camp, diesmal saß ich bei den Vieren mit im Kofferraum.

Heute Abend um 19 Uhr gibt es für mich das 500 g Rumpsteak, das sah gestern bei den anderen echt super aus. Morgen steigen wir dann wieder aufs Rad und dann radeln wir mitten durch den Verkehr, der aber, wie erwähnt, nicht sonderlich hektisch war. Mir fällt jetzt erst auf, dass kaum gehupt wurde.
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How are you? – Wenn Kinder nerven, 23. August 2015
Michael

Überall am Straßenrand in Sambia scheinen sich Kinder zu verstecken, die nur darauf warten, dass die weißen Radfahrer vorbeikommen. Wie ein aufgescheuchter Fliegenschwarm rasen sie los, wenn sie uns erblicken, formieren sich in einer Reihe und rufen jedem von uns ein immer lauter werdendes “how are you?, how are you?, how are you?” entgegen.

Wehe man reagiert nicht, dann wird es noch lauter, krächzender, schreiender – brüllender. Jedes Mal zu lächeln, zu antworten, zu winken, fällt schwer und bringt auch keine Veränderung. Den Kindern einen Fluch oder ein Schimpfwort entgegenzuschleudern scheint auch keine Lösung zu sein. Zu groß ist die Gefahr, dass den nächsten Radfahrern das dann als vermeintliche Begrüßung entgegengerufen wird. So berichtete uns Midhat, unser Partner aus dem Sudan, dass er einmal mit dem Rad unterwegs war und ihm die Kinder ein “fuck you“ entgegenriefen. Ich vermute, das hatten sie auch von einem weißen Touristen gelernt. Midhat hielt an und sagte den Kindern „komm ich bringe euch ein neues Lied bei“ und intonierte mit ihnen dann ein I love you, I love you, so lange, bis sie dann das riefen. Das war wohl die bessere Variante.

In Äthiopien, wo es genauso nervende Kinder gibt, hatten wir einmal probiert, eines der Kinder hinten auf dem Gepäckträger ein Stück mitzunehmen. Das funktioniert zwar, braucht aber viel Zeit. Die Kinder müssen verstehen, was man meint, sie müsen es sich trauen, aufzusteigen, und dann wollen sie nach 100 m auch schon wieder runter.

Bei uns hatte Peter eine clevere Idee. Er hielt den Zeigefinger senkrecht vor den Mund, blickte die Kinder ernst an und hauchte ihnen ein “pssst” entgegen. Und es wirkt – zumindest ein bisschen. Ich habe es übernommen. Nicht, dass sie sofort ruhig sind, aber es wird weniger und leiser und die Nerverei hält sich in Grenzen. Also bleibe ich von jetzt an bei dem “pssst”.
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Nicht mehr weit, 31. August 2015
Rolf

Heute Morgen erschreckte sich mein sambischer Zimmernachbar, als er zum Auto ging darüber, dass wir schon 3000 km geradelt sind. Er wollte unbedingt unser Begleitfahrzeug sehen und als da nichts war, konnte er es nicht fassen. Die 3000 km hatten wir gestern im Laufe des Sonntags erreicht und natürlich ging es noch etwas darüber hinaus.

Momentan kommen wir recht schnell voran, haben unsere Tagesetappen von beispielsweise gestern knapp 90 km bereits um die Mittagszeit und heute die 66 km schon lange vor mittag absolviert. Die Landschaft hat aber auch wenig Interessantes zu bieten. Nach wie vor locker mit Bäumen bestandene Savanne, vertrocknetes Grasland mit wenigen Orten, wenig Landwirtschaft, dafür immer wieder frei laufende Rinder und Ziegen.
Abwechslung bieten da nur die größeren Orte mit ihren Märkten, wie z.B. Kalomo, in dem wir heute übernachten.

Bis nach Livingstone haben wir jetzt keine 180 km mehr zu radeln.
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Angekommen in Livingstone, 6. September 2015
Michael

Am 2. September trafen wir mittags in Livingstone ein. Mehr als 3.300 km, 23 Tage in Tansania, 18 Tage in Malawi und 20 Tage in Sambia liegen nun hinter uns. Tropisch fruchtbare Gebiete, karge Baobab-Savannen, der Malawi-See mit Strand und Brandung wie am Meer und immer wieder wellenartiges Auf und Ab in bergigen Regionen. Besonders auf dem letzten Teil, der Great East Road in Sambia, hat uns das manchmal ganz schön zugesetzt.

Auch sonst überraschte Sambia mit weitgehend uninteressanter Landschaft, deutlich höheren Preisen und ständigen Unterbrechungen in der Strom- und Wasserversorgung. Es hat in diesem Jahr so wenig geregnet, dass die Wasserkraftwerke nicht genügend Strom produzieren können. Aufgrund des täglich steigenden Dollarkurses kann das Land auch nicht zusätzlich größere Mengen Öl importieren um in anderen Kraftwerken Strom zu erzeugen. So gibt es nun für jeden Ort eine Übersicht, an welchem Tag zu welcher Zeit der Strom abgeschaltet wird. Für Livingstone heißt das z.B. Dienstag + Samstag kein Strom von 0600 -1400, Mittwochs nicht von 1400 – 2200 Uhr usw.

Durch die ausgebliebenen Regenfälle sind die Victoriafälle nicht ganz so prächtig wie in anderen Jahren. Die meisten verzichten nun darauf, auch noch die Simbabwe-Seite zu besuchen, zumal hier noch einmal 50 $ Visa plus 20 $ für die Fälle anstehen würden. Michael und Rolf vertreten die Gruppe und überreichen der von ASW geförderten Frauengruppe WSPM einen symbolischen Scheck über die vor und während der Radtour eingesammelten Spenden. Jetzt besteht noch die Möglichkeit mitzumachen! Gut 1.600,- € sind schon zusammengekommen und Afrika-erleben wird den Betrag dann auf eine runde Summe aufrunden.

Die freien Tage in Livingstone nutzen wir für unterschiedliche Ausflüge, zu den Fällen, auf die Brücke über den Sambezi, in den Nationalpark oder einfach die Straße in der Nähe des Flusses entlang. So begegnete ich heute zwei Giraffen am Straßenrand, doch die Elefanten, die angeblich am späten Nachmittag in der Nähe der Klärteiche von Livingstone auftauchen sollen, ließen sich nicht blicken.

Scheckübergabe in Simbabwe, 8. September, 2015
Michael

Joseph Boomenyo, Mitarbeiter von WSPM in Harare, war vor gut 10 Jahren einmal zu einer Fortbildung in Victoria Falls und lernte dort die engagierten Frauen im Stadtteil Chinotimba kennen. Er kannte Aziza Abemba und die Organisation WSPM und schlug vor, diese Frauengruppe in die Förderung mit aufzunehmen. Nach einigen Begegnungen und Kontakten entstand so ein Fortbildungs- und Förderprogramm, welches von ASW über zwei Jahre hinweg finanziert wurde. Im Zentrum standen Ausbildungskurse in Selbstorganisation, Erfahrungsaustausch mit anderen Gruppen und eine Starthilfe für individuelle Hühnerhaltung direkt in den Wohngebieten.

So lotste uns Joseph denn gleich nach unserem Treffen an der Zimbabwe-Grenze auch in ein Wohngebiet. In „new stands“ hat die Gemeindeverwaltung ursprünglich brachliegendes Gelände parzelliert und an Familien vergeben. Einige der 21 Frauen aus der WSPM Gruppe versuchen nun, sich hier anzusiedeln. Das Haus der Vorsitzenden der Frauengruppe bestand aus 3 Räumen à maximal 10m², einem 2 x 3 m großen ‚Garten‘ und einem Hühnerstall mit 100 Hühnern, die uns voller Stolz vorgeführt wurden. Hühner werden als Tagesküken von einer Firma aus Bulawayo gekauft und nach vorgegebenem Schema 33 Tage lang hochgepäppelt, bis sie dann verkauft werden können.

Die Frauen stellten sich einzeln mit ihrem Namen, Wohnort und Position innerhalb von WSPM vor und berichtete, worin für sie der Erfolg der Hühnerhaltung liegt: sie können jetzt 3 x am Tag essen und/ oder ihre Kinder zur Schule schicken, waren regelmäßig genannte Angaben. Dann lasen sie uns ihren Bericht übe die Arbeit in diesem Jahr vor und einen Brief an das WSPM Harare-Büro in dem um weitere/ erneute Zusammenarbeit und Weiterentwicklung ihrer einkommensschaffenden Projekte gebeten wird. Denn inzwischen ist die Hühnerhaltung nicht mehr ganz so interessant. Es hat so viele Nachahmerinnen gegeben, dass die Preise für Hühner im Keller sind und sie in der unmittelbaren Nachbarschaft gar nichts mehr verkaufen können. Jetzt wird nach Diversifizierungsprogrammen oder anderen Vermarktungsmöglichkeiten gesucht.

Nach dem Besuch einiger Hühnerställe und einem kurzen Abstecher in einen anderen Stadtteil, setzten wir uns bei Tee und Kaffee in einer Imbissstube noch mal mit Joseph zusammen und stellten einen symbolischen Scheck über 2.000,- € aus. ASW hat WSPM für dieses Jahr bereits eine Finanzierung in Höhe von 8.000,- € zugesagt. Davon haben wir nun ein Viertel beigetragen. Darauf sind wir stolz und bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben!

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13. September 2015
Die Reise gewinnt den Preis einer Reisebüro-Fachzeitschrift!

Unsere Fahrradtour wurde gerade von der Zeitschrift Travel-One unter die Top Ten der innovativen Ideen von Reiseveranstaltern gewählt und in Frankfurt/M. auf einer Veranstaltung vorgestellt. Die Afrika-erleben Fahrradtour war dabei die einzige Reise eines kleinen unabhängigen Veranstalters. Ansonsten wurden nur “innovative Ideen” von Kreuzfahrtschiffen, Mietwagenanbietern und bekannten großen Firmen wie Dr. Tigges etc. gewählt.

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Kommentare per E-Mail  zu unserer Reise nach dem Beitrag „Angekommen in Livingstone“:

das ist ja eine gewaltige Reise, die ihr unternommen habt. So freut es mich zu hören, dass es keinem schlecht geht. Ich würde gern etwas Geld spenden, sag bitte wohin und unter welchem Kennwort! Ganz liebe Grüße, Sybille

vielen Dank, dass Du uns so freundlich an Eurer Reise teilnehmen lässt. Ich hoffe Ihr kommt alle wohlbehalten zurück und wir sehen uns dann wieder beim TU-Sport.
Viele Grüße, Andreas

vielen Dank für Deine sympathische Reisebeschreibung. Ich wünsche Dir noch eine gute Zeit und schöne Erlebnisse! In den Ohren eines nicht viel gereisten Ulrichs klingt das alles enorm abenteuerlich!

wow, cool, dass ihr soweit und so gut vorangekommen seid. Nehme an es geht dir und euch gut. Hier kehrt der Herbst ein. Sonst alles wie üblich im Positiven wie im Negativen.
Noch gute Restzeit wünsche ich, Detlef

Glückwunsch zu der Leistung und den damit verbunden Erlebnissen! Sei froh, dass Euch keine wilden Elefanten begegnet sind. Die sind für uns Radfahrer gefährlicher als vieles andere. Ich jedenfalls bin froh, dass bei unseren Begegnungen bisher alles gut gegangen ist. Ansonsten gäbe es meine bescheidene Unternehmung wohl nicht mehr…
Viele Grüße aus dem inzwischen herbstlichen Bergischen, Frank

eine unglaubliche Tour, die Ihr gemeistert habt. Wir können hier natürlich nicht mithalten, denn wir sind nicht geradelt, sondern haben Simbabwe mit dem Auto (2200 km) bereist. Des Weiteren haben wir unser Patenkind bei Kwekwe besucht. Fast hätten wir uns bei den Viktoria Fällen zuwinken können. Wir waren am 26.8. dort. Simbawe ist übrigens sehr teuer. Und alles in US Dollar, was aufgrund des ungünstigen Umtauschsatzes zum Euro noch besonders schmerzt. Herzliche Grüße von Annett und Wolfgang (Burkina-Reisende von 2014)

Wir sind heute in Namibia gelandet und reisen auch zu den Viktoria Wasserfällen. Witek sagte gerade, dass er gern mit dem Fahrrad unterwegs wäre aber von Windhoek aus wäre es zu weit. Noch eine gute Fahrt und Reise, LG von Karin und Witek aus Siegen

wir danken Dir, Michael, für diesen Bericht, der uns ganz sehnsüchtig macht – Stromknappheit hin oder her. In diesem Leben werden wir uns sicherlich nicht nochmal für eine Reise mit Dir anmelden können. Aber fürs nächste Leben steht das definitiv auf unserer To Do Liste, denn die Erinnerung an die Burkina Faso Tour leuchtet noch ganz stark nach und Ich höre noch immer dieses singende Gras
Alles Gute Für alles Weitere, Konstanze und Dieter aus Frankfurt

herzlichen Glückwunsch zu Eurem erfolgreichen Abschluss und dass alle gesund am Zielort angekommen sind. Ich bin sicher, dass Ihr zufrieden und glücklich über die Erlebnisse und Erfahrungen in den vergangenen Wochen seid. Die Vielzahl der Ereignisse – ob positiv oder negativ – waren sicherlich einmalig.
Jetzt ruht Euch erst einmal aus und genießt den Abschluss bei einem kühlen Bier.
Viele liebe Grüße aus dem derzeit verregneten Deutschland sendet Euch allen, Martin

Herzliche Gratulation!! Ich hoffe, ihr habt wirklich eine gute Reise und sehr viele Eindrücke gehabt. Ehrlich, ich bin recht neidisch auf Euch. Bleibt noch möglichst lange in der Wärme, hier ist seit gestern die Temperatur stark gefallen.
Bitte grüsse alle Teilnehmer, jene die mich kennen, und auch die anderen.
Tschüss, Ruedi

danke Michael für Deinen Bericht, der ja fast schon ein Resümee Eurer Fahrt ist! Gut, dass Ihr die lange Strecke durchgehalten habt (auf jeden Fall habe ich nichts von Rückreisen gelesen). Gruß Wolfram

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