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Radtour in den grünen Nordosten zur Pirateninsel St. Marie

Madagaskar, die neue Tour in den tropisch grünen Nordosten und zur alten Pirateninsel Sainte Marie

Ein Reisebericht zu der Pilottour vom November 2011

In Madagaskar fängt die Sommerzeit an, der erste Regen ist gefallen, das Land ist frisch gewaschen und überall kontrastiert das junge Grün der Reisefelder mit der rotbraunen Erde und den rotbraunen Lehmhütten. Dazu ein blauer Himmel mit weißen Wolkenbüscheln. Ein rotblauer winziger Eisvogel beäugt uns aus dem Grün des Reisfeldes heraus und ein schwarzgelbes Chamäleon trottet im Schneckentempo am Wegrand entlang.
Am ersten Tag nach unserer Ankunft unternehmen wir zum Akklimatisieren eine Fahrradtour in der Umgebung von Antananarivo in kleinen Dörfern des Hochlands. Wir fahren auf Pisten durch die Felder, suchen unseren Weg abseits der asphaltierten Straße um den Königspalast von Ambohimanga zu erreichen. Der Palast, oben auf einem felsigen Hügel gelegen, ist von blau blühenden Jacaranda Bäumen umgeben.
Am nächsten Tag bringt uns ein Buschtaxi nach Ampefy. Kurvenreiche Strecke, bergauf und bergab und alle 5 km eine Polizei,- oder Gendarmerie Kontrolle. Ein Hotel am See ist nun für zwei Tage unsere Unterkunft.

Ein erster Radausflug am Abend wird verschoben, da es kurz geregnet hat und wir nicht auf evt. glitschigen Pisten in die Dunkelheit geraten wollen. Stattdessen schließt sich ein kleiner Dorfspaziergang an und wir probieren am Straßenrand geröstete Erdnüsse, an Datteln erinnernde Jujubier oder in Teig gebackene Kürbisstückchen. Im Hotel wird uns pünktlich ein leckeres Abendessen serviert, das wir schon am Nachmittag bestellt hatten.
Im Hotelgarten gibt es, in den Bäumen sitzend, einige Chamäleons zu sehen. Fernando, unser Tourenleiter dreht sich ein paar Mal rum und zeigt in die verschiedenen Richtungen und wir sehen erst mal gar nichts. Immer wieder sind wir auch in den nächsten Tagen verblüfft, wie er beim Fahren auf der Straße plötzlich bremst, und sagt, „da sitzt ein Chamäleon“, während wir natürlich gar nichts gesehen haben.
Weitere Touren in der Umgebung von Ampefy führen uns zu den Wasserfällen ‚Chutes de la Lily‘ [und ich hole mir eine Bilharziose] und zu drei kleinen Geysiren, wo lauwarmes eisenhaltiges Quellwasser aus bizarren Erdhügeln blubbert. In der Stadt Analavory hatten wir uns mit Picknick eingedeckt, dass wir hier auf einem überdachten Platz verspeisen während um uns herum ein 5-Minuten Regenschauer herunterprasselt.
Bevor es am nächsten Tag mit dem Kleinbus nach Tana zurück geht, fahren wir noch die verschobene Tour zur Halbinsel im See von Itasy. Auf der Spitze eines Hügels betet eine kitschige Marienstatue andächtig gen Himmel.
Zurück in unserem alten Hotel im Stadtteil Ivato, fangen schon die ersten Bastelarbeiten an den Rädern an. Auf der Straße gegenüber gibt es eine kleine Marktgasse, die wir herunterschlendern und hier und da vorsichtig ein paar Kleinigkeiten wie gekochte Maniokstückchen oder frittierten Gemüseteig probieren. Ebenso können wir hier üben, die alte und die neue Währung auseinander zu halten. Früher gab es den Franc Malgache, seit einigen Jahren gibt es den Ariary. Ein Ariary entspricht 5 alten FMG. Viele Händler(innen) rechnen noch in der alten Einheit und so muss man schnell umrechnen. Wenn eine Händlerin sagt, eine Mango koste 1.000 Franc, dann sind also 200 Ariary zu bezahlen. Ebenso muss man gelegentlich nachfragen, welche Währung denn gemeint ist. In Ampefy habe ich mir eine kleine Massage geben lassen für die der junge Mann „50.000“ haben wollte. Spricht er von Franc, dann sind das 10.000 Ariary, etwa 4,50 €; redet er von Ariary, dann wäre es das 5-fache (er hat natürlich die alte Währung gemeint).
Nun startet die große Radtour aus der Hauptstadt Antananarivo heraus nach Osten. Unser erstes Ziel ist die grüne Erholungslandschaft rings um den Stausee von Mantasoa. In rhythmischem Auf und Ab führt uns Fernando über die Hügel von Tana aus der Stadt hinaus, etwa je zur Hälfte auf asphaltierten Straßen bzw. auf ruhigen Pisten durch die wunderschönen kleinen einfachen Dörfer im Hochland von Madagaskar. Wir durchqueren Landschaften, wo das frische Grün der gerade bepflanzten Reisfelder in allen Schattierungen leuchtet, sehen einzelne riesige Granitbrocken, die Silhouette der Berge im Hintergrund und halten immer wieder mal auf einen kleinen Kaffee (ca. 5 Eurocent).
Mittagspause am Bahnhof von Anjeva. Uns gefällt es, unterwegs in den einfachen Hotely Gasy (Straßenrestaurants) eine Kleinigkeit zu essen, dort wo auch die Einheimischen sitzen, leckere kleine Imbissgerichte zu entdecken oder einheimische Fruchtsäfte zu probieren.
Nach einer anstrengenden Etappe mit ständigem Auf und Ab und gefühlten 1.000 Höhenmetern erreichen wir gegen 1700 die Pinien- und Eukalyptuswälder von Mantasoa.
Die Unterkunft steht unter schweizerisch-madagassischer Leitung und so weht auch die Schweizer Fahne auf der Wiese vor dem Haupthaus. Daneben die einzelnen Chalets mit Blick in die Berge.
Am nächsten Tag folgt zur Erholung eine kleine Ausflugstour ohne Gepäck in die Umgebung. Wieder sind Reisfelder, kleine Dörfer, ein schöner Markt und ein idyllisches Tal mit Flusslauf und bunten Blumen zu sehen.
Weiter geht es auf gut asphaltierter Straße, parallel der Bahnlinie und dem Wildbach. Nein, nicht immer parallel, sondern leider auch ordentlich bergauf und bergab. Dabei allerdings auch traumhaft schöne Abfahrten. Besuch des kleinen Zoos ‚Madagascar Exotic‘, wo man so gut wie alle Chamäleonarten Madagaskars aus nächster Nähe bewundern kann. Im darauf folgenden Ort entdecken wir eine neue Leckereien in den kleinen Imbissbuden: in Essig eingelegte Möhrenstreifen, Ingwer und Knoblauch.
Jetzt noch 35 km bis zum Mittagessen in Moramanga. Wir finden ein prima Chinarestaurant und auf dem Markt auch einen perfekt ausgestatteten Fahrradhändler, wo wir noch ein Ersatzteil erstehen. Nun weitere 25 km bis Andasibe, natürlich wieder mit dem gewohnten Auf und Ab. Unsere Gastgeberin, Marie ist eine ungewöhnlich aktive Frau, die als Fremdenführerin im Nationalpark arbeitet, einen Souvenirshop betreibt und Unterkünfte anbietet. Als nächstes soll ein kleines Restaurant dazukommen. Zum Heiraten hat sie noch keine Zeit gehabt.
Wir fahren 23 km tief in den Andasibe-Mantadia Nationalpark hinein, schlechte Piste, Auf und Ab. Start eines 3-stündigen Ausflugs zu Fuß, ‚auf den Spuren der Lemuren‘. Wir kriegen 2 unterschiedliche Gruppen der Indri-Indri zu sehen, ebenso wie wir ihr ohrenbetäubendes Geschrei nun aus nächster Nähe hören können. Auf der Rückfahrt noch eine kurze Badepause an einem Wildbach mit Wasserfall.
Zu Fuß zum oberen Eingang des Nationalparks und eine weitere Wanderung zum Lemuren Schauen: Mittags zurück und Mittagessen im chinesischen Restaurant gegenüber von Marie.
Auf unseren Wunsch hin kommt der lokale Fahrradmechaniker mit seiner Werkstattrikscha vorbei um alle Räder zu checken. Offensichtlich versteht er aber was ganz anderes darunter als wir, macht Sachen die wir für nicht nötig halten und scheitert an modernen Schaltungen. Diese Kulturbegegnung ist mit viel Frustration auf beiden Seiten verbunden.
Nach Einbruch der Dunkelheit unternehmen wir noch eine Wanderung in eine andere Ecke des Parks um die nachtaktiven Tiere zu sehen. Marie entdeckt für uns einen Mausmaki, Fettschwanzmaki und einen Wollmaki.

Nach zwei intensiven Tagen auf den Spuren der Lemuren stehen wir früh auf und fahren um 0700 los, denn es steht wieder eine größere Etappe an. Es geht gleich los mit einer großartigen Landschaft und einem 100 km Blick über die Berge. Grandiose Abfahrten bei beständig wellenförmigem Auf und Ab auf der kurvenreichen Asphaltstraße. Immer mehr tropische Früchte sind nun zu sehen: Lycheebäume, Jackfruit, Kokosnuss, erste Vanille und Kakao. Mehrfach fahren wir im Duft von Nelken, die großflächig am Straßenrand zum Trocknen ausgelegt sind. Auf den Märkten ist noch mehr zu entdecken, z.B. Zimtäpfel und Stachelanone.
Lange Mittagspause und am späten Nachmittag sind wir in Brickaville, ein kleines Kaff wo die einzige bessere Unterkunft immer noch grenzwertig ist. Das dazugehörige Restaurant hingegen ist voll in Ordnung. Abends schlendern wir noch kurz die Dorfstraße auf und ab und probieren einen lokalen Rum.
Jetzt nur eine kurze 20 km Etappe, auf asphaltierter Straße aus dem Ort raus, dann 8 km Piste zu einem See der zur Verbindungskette des Kanals von Pangalane gehört. Gut eine Stunde fahren wir mit dem Boot durch eine malerische Landschaft, bis wir bei Ankanin’ny Nofy unsere paradiesische Unterkunft erreichen. Das Hotel hat einen eigenen botanischen Garten (Vanille, Zimt, Kakao …) und ein kleines Lemurenreservat. Einige Tiere sind recht zahm und versuchen am nächsten Morgen uns die Bananen vom Frühstückstisch zu stehlen. Beim Spaziergang im Wald braucht man nur ein Stückchen Banane in der Hand zu verstecken und schon springen einem die Viecher auf die Schulter und suchen nach der Frucht. Keine andere Frucht interessiert sie so sehr wie Banane.
Der Kanal von Pangalane ist eine Wasserstraße, die mehrere Seen miteinander verbindet. Außerdem verläuft der 645 km lange Kanal parallel zum indischen Ozean und während der Kolonialzeit haben die Franzosen die natürlich entstandenen Lagunen künstlich mit einander verbunden. So verbindet der Kanal die Hafenstadt Tamatave mit Farafangana und gilt als längster Süßwasserkanal der Welt.
Nur ein weniger 100 m breiter Landstreifen liegt zwischen dem Kanal von Pangalane und dem indischen Ozean. Doch auf diesen Streifen gibt es eine Eisenbahnlinie, Bahnhöfe und Dörfer. Wir besuchen ein Fischerdorf der Betsimisaraka-Volksgruppe. Kaum sind wir angekommen, bauen die Frauen ihre Verkaufstände für bunte Perlenketten aus lokalen Samen auf. Vorher führte uns ein Spaziergang am Strand entlang zu einer Stelle wo viele fleischfressende Pflanzen, Nepenthes Madagascariensis, wachsen.
Um am nächsten Tag wieder auf die Asphaltstraße nach Norden zu kommen, fahren wir mit dem Rad eine Piste, die wahrscheinlich seit vielen Jahren nicht mehr gepflegt wurde und höchstens noch für bestens ausgerüstete Allradfahrzeuge zu schaffen ist. Für Mountainbiker wäre es eine spannende Piste. Alles ist dabei, Wasser, Sand, glitschige Matschwege, Singletracks durch meterhohes Gras usw. Mehrmals nieselt es leicht und so schieben wir des Öfteren unser Rad auf einer Schlammpiste bergauf oder bergab. Um überhaupt noch einen Halt zu haben, musste ich einmal auch meine Sandalen ausziehen und barfuss schieben. So kann ich mich wenigstens noch mit den Zehen irgendwo festkrallen. Völlig vom Schlamm eingesaut versagen auch manche Bremsen, bzw. die Bremsklötze sind in kürzester Zeit bis auf Null heruntergeschmirgelt.
Bevor wir wieder die Zivilisation der Straße erreichen, laben wir uns noch an einem Lychee Baum. An einem einsamen Haus steht ein Mann an der Tür und fragt uns, ob wir nicht ein Lexikon zu verschenken hätten, er möchte gerne noch mehr Sprachen lernen.
Auf der Hauptstr. angelangt, schieben wir die Räder zum nächsten Fluss und gönnen ihnen ein gründliches Bad. Wir selbst stärken uns mit Kaffee und Bananen.
Für zukünftige Touren, das wird klar, kann man diese Strecke nicht nehmen. Die Gruppe wird wieder mit dem Boot zurückgebracht, kann noch 1 x am See übernachten und hat dann eine ordentliche 100 km Etappe auf der asphaltierten Straße vor sich.
Für uns sind es nur noch 70 km, die wir erstaunlich gut bewältigen. Am frühen Abend erreichen wir unser Hotel in der Hafenstadt Toamasina.
Bevor wir weiterfahren besuchen wir noch den Gewürzmarkt, wechseln Geld und erledigen ein paar kleinere Einkäufe. Weiter nach Norden wird die Straße erstaunlich ruhig. Keine Tanklaster und Containertransporter mehr, die von bzw. zum Hafen fahren. Stattdessen sehen wir Minibusse, die auf dem Dach ganze Wohnzimmergarnituren oder meterhohe Matratzenberge transportieren. Die Nelkenernte im Norden Madagaskars brachte gute Erlöse und wer gut verdient hat, gibt seine Einnahmen jetzt für Wohnkomfort und Statussymbole aus.
Immer wieder haben wir eine wunderbare Aussicht auf das blaue Meer, überqueren Flüsse und fahren durch eine sehr schöne grüne Landschaft, voll mit tropischen (Obst)bäumen und Reisfeldern. Am frühen Abend erreichen wir eine schöne Bungalowanlage am Meer, rechtzeitig um vor Sonnenuntergang noch einmal Baden zu gehen.

Auch hier wird es für die nächsten Gruppen eine Änderung geben: sie bleiben hier schon mal einen Tag am Meer, haben Zeit für Entspannung und Relaxen in einer schönen Anlage mit gutem Essen und können sich bei Bedarf auch in Ruhe die Stadt Fenerive Est ansehen.
Bis zur Fähranlegestelle zur Insel Sainte Marie geht es auf sehr schöner ruhiger Straße weiter. Die Überfahrt mit dem Motorboot dauert etwa 1 ½ Std. Alle Passagiere werden registriert und müssen ihre Pässe vorzeigen. Es folgt eine 11 km Fahrt die Küstenstraße nach Süden hinunter, bevor wir mit einer Einbaumpiroge auf die autofreie Insel ‚Ile des Nattes‘ übersetzen. Die 60 km lange und maximal 7 km breite Pirateninsel bietet plus üppige Tropenvegetation in abwechslungsreicher Landschaft.
Zum Abschluss der Radtour erwartet uns noch einmal eine paradiesische Unterkunft. Die letzten Tage bieten reichlich Gelegenheit für einen genussvollen Ausklang auf der Insel Sainte Marie. Natürlich machen einige von uns auch eine Fahrradtour auf der alten Pirateninsel. Die Ostküste hoch fahren wir teils auf kurzen asphaltierten strecken, teils auf übler steiniger und sandiger Piste, sehen dafür aber wunderschöne Landschaftsbilder und Küstenabschnitte. Ebenso kann man in der Hotelanlage ein kostenloses Plastik Paddelboot ausleihen und vom Wasser her wunderschöne einsame Strände entdecken.
Ein Inlandsflug bringt uns zurück in die Hauptstadt Antananarivo, ein Taxi bringt die Fahrradverpackung und die deponierten Kleidungsstücke und ein paar Stunden später geht es weiter mit dem Rückflug nach Paris und nach Deutschland.

Michael Franke

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