Reisebericht Fahrradtour Äthiopien 2014
Michael Franke
10 Jahre ist es her, als ich die erste Erkundungstour in Äthiopien fuhr. Jetzt war ich im Oktober wieder mit einer Gruppe unterwegs und bin erstaunt, wie sehr sich dieses Land verändert hat.
Sahen wir doch vorwiegend kleinparzellige Familienlandwirtschaft, wo 1 Bauer + 1 Kuh + 1 Holzzinken das Land so bearbeitet haben, dass man sich in biblische Zeiten zurückversetzt meinte, so gibt es heute großflächige Weizenfelder (teilweise auch Gerste und Roggen), gelegentlich mit Traktoren und deutschen Mähdreschern. Auch Kartoffelfelder, Ackerbohnen und Kohl sahen wir und rings in der Gegend um Ziway werden Wein, Erdbeeren oder Rosen in Gewächshäusern angebaut. Das Land zeigt sich erstaunlich grün und freundlich.
Alle Straßen sind bestens asphaltiert und von Addis nach Süden gibt es eine gebührenpflichtige Autobahn. Derzeit baut man an einer neuen Eisenbahnlinie nach Djibouti.
Die kilometerweit neben uns herlaufenden Kinder mit ihrem „you you where are you go?“, gab es überhaupt nicht mehr und Steinewerfen wird zur seltenen Ausnahme.
Fast überall gibt es inzw. sehr gute Unterkünfte. Das Essen ist nicht mehr auf Injera beschränkt, es gibt reichhaltige Alternativen.
Eines ist geblieben: Essen, Kaffee, Bier und die leckeren Fruchtsäfte sind extrem billig. Äthiopien entwickelt sich zu einem interessanten Urlaubsland.
21.10. 2014 – Abflug. Offiziell nimmt Ethiopian Airlines für ein Fahrrad eine Zusatzgebühr, wenn das Gepäckstück mehr als 158 cm Umfang hat. Manchmal hat man Glück und sie haben gute Laune und verlangen das nicht. Das kann man kaum beeinflussen. Die Chancen, ohne Zuzahlung durchzukommen, sind am größten, wenn der Fahrradkarton so klein wie möglich ist.
Bei dieser Tour haben vier Leute gleichzeitig eingecheckt und eine hat bezahlen müssen, drei nicht. „Das ist so kompakt, das kostet nichts“, sagte der ältere Herr am Schalter.
Bei den kompakten Kartons hatten wir den Sattel nach unten geschoben, das Vorderrad rausgenommen und der Karton war passend. Bezahlt werden musste bei dem sperrigen Karton wo das komplette Rad drin war.
Chewie, unser einheimischer Guide und der Fahrer des Kleinbusses warten draußen vor dem Flughafen. Wir fahren zum Hotel wo die anderen sind, die schon 1 oder 2 Tage früher geflogen sind, frühstücken dort und beladen zwei Kleinbusse. Dann holen wir uns im Telekom-Laden eine einheimische SIM Karte für gut 1 Euro. Das Ganze ist sehr gut organisiert und geht zügig. Gegen 1000 geht’s dann los und 1 ½ Std. später sind wir in Debre Zeyt.
Die Autos fahren auf den Hof hinter dem Hotel. Wir können in Ruhe abladen und die Räder zusammenbauen. Um 1300 geht’s mit den Rädern zum Lake Hora. Auf einer Terrasse mit Seeblick essen wir und genießen bei 25° den ersten Sprice, ein in bunten Farben geschichteter Fruchtsaftmix. Bei uns war es eine Papaya-Avocado Zusammenstellung. Bunte Farben am See, ein paar Jacaranda-Bäume mit ihren violett leuchtenden Blüten. Die reichhaltige Vogelwelt zeigt sich auch. Wir sehen Reiher, Nilgänse, Pelikane, Hammerkopf.
Anschließend fahren wir noch ein kleines Stück weiter zu einer anderen Stelle am See. Dort kommen wir zu einer religiösen Zeremoniestätte, wo es 1 x im Jahr (meist Anfang Oktober) eine Opferzeremonie gibt, zu der über 1 Mio. Menschen unterschiedlicher Religionen aus allen Landesteilen anreisen. Noch immer sind von dem vorangegangenen Fest ein paar Leute hier, sitzen auf dem Boden, kauen Kat, zünden Räucherstäbchen an.
Am Abend fahren wir zum Bishoftu Hotel, wo man einen schönen Blick auf den zweiten See hat. Wir sitzen im Hof, trinken ein Bier und werden von schlechter Popmusik bedudelt. Tee und Kaffee gibt es nicht. Das Hotel hat seit Jahren Probleme mit der Wasserversorgung.
Leicht rauf und runter fahren wir am nächsten Morgen an gelbgrünen, fast erntereifen Getreidefeldern vorbei. Viele Akazien sind zu sehen. Zwischendurch eine kleine Pause um frische Melone zu essen. Nach Nazreth rein geht es gut bergab. Bevor wir im Zentrum landen, stoppen wir bei einem feinen Restaurant. Es gibt gutes Essen, manche Portionen sind ausreichend für 2, die Preise sind für äthiopische Verhältnisse gehoben. Dennoch zahlen wir fürs Essen, Wasser, Säfte, Kaffee …durchschnittlich nur etwa 6 € pro Person.
Bis 1530 ist es noch heiß (aber unter 30°), dann merkt man deutlich, wie die Temperaturen sinken.
Wir fahren nun in sehr schöner Landschaft mit einzelnen kleinen Kegelbergen. Auf dem Weg nach Sodere fahren wir an einer riesigen Fläche bewässerter Zuckerrohrplantage vorbei, die eine indische Firma hier angelegt hat.
Leider haben wir nicht rechtzeitig registriert, dass der Swimmingpool um 1800 Uhr schließt. So gehen einige von uns am nächsten Morgen vor dem Frühstück noch schnell eine Runde schwimmen.
Von Sodere nach Assela geht es 70 km, wieder in schöner Landschaft, goldgelbe erntereife Felder, Zuckerrohrplantage, Frauen ernten Teff, große exotische Vögel stolzieren herum, Akazien, später auch vermehrt Eukalyptusbäume, viele gelbe Blumen.
Und am nächsten Tag wird es noch grüner. Erstmals auch Wiesen mit Kühen, Schafen, Ziegen. Auch Reiter, die per Pferd unterwegs sind. Viel mehr Getreide, viel Weizen und Gerste -wir sehen Frauen beim Dreschen zu.
In Bekoji bleibt nach der Ankunft im Hotel noch genügend Zeit um schnell mal zum Markt zu gehen und sich im Ort umzusehen, was sehr empfehlenswert ist. Ich traf nette Leute, die sich gerne fotografieren lassen wollten.
Es bleibt weiterhin recht grün; immer wieder mit Wasserläufen. Bis zur Brücke über den Wabe Shebele Fluss geht es ordentlich begab. Am späten Nachmittag erreichen wir in Dodola das Bale Mountain Hotel. Es war das einfachste Hotel der ganzen Tour; dafür klappte es diesmal mit dem Essen sehr gut und schnell.
Von Dodola nach Wondo Genet fahren wir 96 km. Bis Kofele auf gut asphaltierter Straße weiterhin gut rauf und runter, danach etwas flacher, die letzten 10 km bis Shashemane geht’s bergab. Die Landschaft wird offener, hat kaum noch großflächige Weizenfelder. Wir sehen alte Eukalyptuswälder, auch mal Nadelbäume, die falsche Banane (Ensete), Kohl- und Kartoffelfelder.
Die Häuser nicht mehr rechteckig mit zurückgesetztem Eingangsbereich, sondern rund. Ebenso tauchen runde Viehställe aus geflochtenen Bambusmatten auf. Je näher wir an Shashemane kommen, desto tropischer und grüner wird es.
Dort eine kurze Pause bei Zekis Juice Shop. Wir trinken einen leckeren Fruchtsaft (Sprice) aus Guave/ Erdbeere mit Stachelanone/ Papaya. Von Wondo Genet aus bis zu den heißen Quellen geht es 3 km weit eine gepflasterte Straße nach oben. Am Wegrand werden Bananen, Avocado, Guaven, Zuckerrohr und Kaffeebohnen verkauft.
De Swimming Pool bei den heißen Quellen ist wie eine überdimensionierte Badewanne im tropischen Garten. Wir bleiben dort gut eine Stunde und einige gehen auch am nächsten Morgen noch mal rein. Es folgt eine kurze Strecke im tropischen Grün zur Stadt Awassa.
Den Vormittag lassen wir langsam angehen, bummeln im Garten, frühstücken lange bzw. einige gehen noch mal ins Schwimmbad. Um 11:30 treffen wir uns unten im Ort, nach 3 Std. sind wir in Awassa.
Abends fahren mit Tuk Tuks zum erlesen Haile Resort Hotel, wo es ein feines Geburtstags-Abendessen gibt. Nach dem Essen kommt das gesamte Personal aus der Küche an den Tisch, singt ‚happy birthday‘ und präsentiert noch eine Torte.
In Awassa legen wir einen Pausentag ein, gehen zum Fischmarkt, wo wir eine kleine Führung bekommen. Anschließend treffen wir uns in einem Fischrestaurant, wo es (nur) frischgebratenen Tilapia mit Zitrone und scharfer Sauce gibt.
Nachmittags wollen wir noch einmal zum Haile Resort fahren. Einige wollen dort ins Schwimmbad gehen, andere nur Kaffee trinken. Als wir ankamen, war es bedeckt und kühl, so dass wir 6,- € investierten und neben dem Schwimmbad noch die Sauna buchten.
Auf dem Weg von Shashemane zum Langano See genießen wir noch mal einen anderen Fruchtsaft und besuchen das Atelier eines Rasta Künstlers, der aus der Karibik kam. Hailu Tefari lebte ein paar Jahre in Großbritannien und siedelte vor 20 Jahren nach Äthiopien über. Auch sein fruchtbares kleines Gartengrundstück ist beeindruckend. In einem Guavenbaum sehen wir erstmals Papageien.
Bald sind wir auf einer Anhöhe, wo wir auf drei Seen hinabblicken können, danach geht es beständig abwärts. Jetzt sind an der Seite auch immer wieder Grabstätten der Arusi zu sehen; bei den meisten ist die kunstvolle Bemalung schon stark ausgeblichen.
Die Hotelanlage am See hat sicherlich schon bessere Zeiten gesehen, doch die Bungalows liegen nett am Wasser. Nach dem Baden und Abendessen gibt es noch ein Lagerfeuer.
Frühmorgens öffnen wir die Türen der Bungalows um direkt auf den See zu blicken, bzw. noch schnell den Sonnenaufgang zu erleben.
Auch am Morgen ist es schon warm. In der Landschaft sind keine Eukalyptusbäume mehr zu sehen, jetzt dominiert die Akazie. Auf den Feldern wird vermehrt Mais angebaut. Vor Ziway kommen Erdbeerfelder, Weinanbau des französischen Multis Castel und Gewächshäuser mit Rosen von deutschen und holländischen Investoren.
Auf dem Ziway-See gibt es eine Bootsfahrt zu den Hippos, dann zu einer Insel wo ein älteres Ehepaar lebt und wo oben auf dem Hügel eine Kirche gebaut ist. Auf dem Weg dorthin sehen wir ein paar Seeadler.
Beim Abendessen in dem Weinrestaurant probieren wir dann den neuen äthiopischen Rotwein.
Am nächsten Tag bringt uns ein Kleinbus zurück nach Addis. Hier besuchen wir gleich das Projekt von Ethiopia Arise. Klaus Betz zeigt und erklärt uns fast 2 Std. lang das Kinderheim und ihren Ansatz; danach geht es zu Fuß zum Mule Mule Restaurant und zum Hotel zurück.
Gegen 2230 laufen wir los um in der angesagten Bar ‚Stockholm Exchange‘ ein erstes Bier zu trinken. Kurz nach 2400 trudeln wir in der H2O Disco ein und stürzen uns ins Nachtleben von Addis.
Am nächsten Morgen unternehmen wir eine City Tour in Addis, zuerst zum Nationalmuseum, Lucy ansehen, zu Fuß durch den Mercato, zu einem empfohlenen Kaffee-Geschäft wo wir probieren und einkaufen, dann zu einem angenehmen Souvenirshop wo man sich in aller Ruhe die Sachen anschauen kann und man nicht bedrängt wird und Kaffee-Trinken und Aussicht genießen vom 13. Stock des Wabe Shebele Hotels. Nach kurzer Pause und dem Packen der Sachen ein Abschiedsabendessen in einem edlen Restaurant in der Nähe des Hotels. Transfer zum Flughafen, dort das Rad auseinandernehmen (Vorderrad raus), damit es durch die Röntgenkontrolle geht. Dann alles Einpacken, Check-in (ohne nach Geld für das Rad gefragt zu werden) und Abflug.
Frühe Ankunft in Frankfurt und gleich in den Zug nach Berlin. Die Zeit war knapp und einige haben es nicht mehr geschafft, ihr Rail & Fly Bahnticket am Automaten auszudrucken. Die Kontrolleurin akzeptiert das und wir kommen ohne Probleme gut zuhause an.