Banjul – Monrovia. Westafrika Exkursion 2019/ 2020
Gambia, Senegal, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone, Liberia – 6 Länder in 5 Wochen, gut 2.000 km
02.12.2019 – 06.01.2020
Die geplangte (und ungefähr auch so gefahrene) Strecke in zwei Teilen, Banjul-Bissau und Bissau-Monrovia:
Tumani Tenda Camp
Leipzig hat einen angenehm coolen Flughafen, alles easy. Als ein Afrikaner nach mir eine horrende Summe für Übergepäck zahlen soll, hat niemand was dagegen, dass er eine Tasche bei mir mit aufgibt. Es folgt ein Billigflug der besten Sorte; keine Musik, kein Film, nichts zu essen oder zu trinken bzw. nur im Verkauf. Gut dass ich meinen Tee und was zu Essen dabei hatte. Ich werde abgeholt und lerne nun das Marakissa River Camp kennen.
In Brikama zieht ein junger Mann mit einem in eine Decke gehüllten Kind herum und sammelt Geld. Er wird von einem Maskenmann, dem Kankuran begleitet. Alle geben was.
An der Abzweigung zum Tumani Tenda Camp will Polizist Henry Mendi unbedingt meine Telefonnummer haben. Vor Ort empfängt mich Bassiro. Sie haben den Restaurantbereich vergrößert und auf Solarstrom umgestellt. In der Schule arbeitet Jannis, ein junger Grieche freiwillig als Mathematiklehrer.
Vom Camp zur senegalesischen Grenze sind es 15 km Piste. Grillen zirpen, Hühner rennen über den Weg und mir fast ins Fahrrad, Esel wälzen sich im Sand, Kühe läuten ihre Glocken, Vögel zwitschern, Tauben gurren und über allem der Duft der wilden Minze – sehr schön.
Die Grenzübertritte, Gambia Ausreise und Senegal Einreise gehen glatt. In Bignona suche ich die Pistenstrecke durch den Wald nach Koubalan. Ein arger Sandweg, zwar sehr schön durch Teakwald und alten Wald, dann durch die Dörfer, aber doch zu schwierig um das noch mal zu machen.
Koubalan hat sich sehr gut herausgemacht, Steckdosen, Licht, Internet!
Zwei Spanierinnen sind auch mit dem Rad da. Sie fahren mit lokalem guide und ohne Gepäck. Das fährt ihnen ein Motoradfahrer hinterher. Gemeinsam fahren wir nach Ziguinchor. Dort hole ich mir das Visum für Guinea-Bissau, tausche Geld und besuche den Garten der Alliance Française.
Die Fahrt nach Ingoré in Guinea-Bissau geht diesmal recht flott. Ich komme vor der Mittagshitze an. Unterwegs sehe ich überwiegend Cashewbäume und bei den Dörfern auch Mangobäume und Maniokpflanzungen sowie Reisanbau in den Niederungen. Ich lasse mich auch mal zu einem senegalesischen Tee einladen, setze mich im Ort zu den Leuten und trinke einen Kaffee oder halte an, wenn eine Horde Kinder von der Schule kommt und alle die Hand schütteln wollen.
Jetzt beginnt Neuland, eine Strecke und Gegend die ich noch nicht kenne.
Zwei große Brücken über mächtige Flüsse sind zu überqueren um in die Hauptstadt Bissau zu gelangen.
Ich komme in einer familiären Pension eines Schweizer Reisebüros unter.
Morgen gibt es kein Schiff nach Enxude; ich muss noch einen Tag hier bleiben und schaue mir die Stadt an, die mir langsam vertrauter und sympathischer wird.
Das Schiff ist riesig, fährt pünktlich los und ist schnell. Kurz nach 10:00 waren wir auf der anderen Seite. Ab jetzt ist es Piste. Wenn mir ein Fahrzeug entgegen kommt, wäre ich aufgrund des seitlichen Windes voll eingesaut worden. Also auf die andere Seite rüber, dort anhalten und warten. Zwischendurch half ich mal zwei Motorradfahrern, die sich im Sand hingelegt hatten mit Desinfektionsmittel und Heilsalbe aus.
Zum Fähranleger nach Bolama folgen noch mal 15 km arge Piste und ich warte 2 Std. bis eine Piroge mit den wenigen Reisenden ablegt.
Man ahnt wie groß und prächtig die ehemalige Hauptstadt einmal gewesen sein muss – eine große Bank, die später zu einem Hotel umgebaut wurde, ein Kino, ein Schwimmbad – und jetzt sieht man nur noch den totalen Verfall. Ich bin der einzige Tourist, der sich diese zwei Tage hierher verirrt hat.
Ich schaue mir am Vormittag den Strand von Ofiri an und am Nachmittag den praia de Gaimoeira.
Dorthin brauche ich gut 1 ½ Std. und fahre fast über die gesamte Insel. Und als ich ankomme: ein schöner Strand, aber weit und breit kein Wasser. Nur Ebbe, Watt, Schlamm. Also gleich wieder zurück um vor dem Dunkeln wieder bei der Unterkunft zu sein.
Am nächsten Morgen öffne ich gerade mein Zimmer als man mir sagt, ich solle zum Hafen, denn die Fähre würde gleich fahren. Also ohne Frühstück los und am Hafen schnell noch 2 Bananen eingesteckt. Tatsächlich, es ging sofort los und um 0800 war ich wieder auf der anderen Seite.
Weiter geht es auf einer nicht ganz einfachen Piste, buckelig und immer wieder sandig. Es ist nichts davon zu merken, dass ich dann einen Nationalpark durchfahre.
Am Nachmittag in Buba zur Pension am Ortsende am Wasser. Kein Restaurant, kein Frühstück, da die Besitzerin gerade verreist ist. Viele Moskitos, kein Moskitonetz! Ich lasse mir ein anderes Zimmer geben, denn der Ventilator geht auch nicht. Das klappt und der neue Raum ist viel besser.
Kurz vor Quebo geht eine Straße nach Guinea ab. Ein Polizist sagt, die zweite Straße sei einfacher und kürzer, ich solle bis Quebo fahre und 9 km später abbiegen. Da hole ich mir bei den Mauretaniern erst mal ein Brot + 1 gekochtes Ei, setze mich neben den Laden, trinke meinen Tee und versuche, die Info mit den Navikarten abzugleichen, komme aber nicht zum 100%igen Durchblick. O.k., ich nehme den Rat an. An der Guinea Abzweigung gibt es Geldwechsel und ich hole mir 1 Million Guinea Franc. Der Grenzposten von Guinea wird erst nach 20 km Piste kommen. Das war mit nicht ganz klar und daher frage ich in jedem Dorf aufs Neue. Eine wunderschöne aber auch recht anstrengende Piste. Mehrere Dörfer unterwegs und immer wieder quere ich einen Wasserlauf.
Einen großen Fluss kann ich nur mit einer Piroge überqueren. Die Jungs wollen mich ausnehmen und verlangen 50.000 F anstatt der üblichen 5.000. Eine Händlerin mit der ich mich ein bisschen unterhalten hatte sitzt daneben und hilft nicht. Schließlich muss ich 35.000 zahlen und ärgere mich.
In einem Dorf will ich Wasser kaufen. Mamadou begleitet mich zum Laden, Wasser ist alle. O.k., dann also in Dabiss sage ich und frage ihn, wo ich dort unterkommen könnte. Da gibt es nichts, ich solle hier bei ihnen bleiben, sie hätten genügend Platz. Ich lasse ihn das noch mal mit der Familie bzw. dem großen Bruder besprechen und nehme das Angebot gerne an. Tatsächlich, ein großer Raum, da steht ein Bett mit Moskitonetz drin, eine zweite Matte liegt am Boden und im Vorraum ist auch noch eine Matte. Das Duschen erfrischt und das einfache Abendessen, Reis mit einer Palmölsoße mit viel Pfeffer und zwei Stücken Fisch und Maniok kommt jetzt total lecker.
Nach dem Abendessen sitzen wir draußen zusammen und unterhalten uns. Mamadou veranstaltet eine großartige Teezeremonie. Einer der jungen Männer wollte mal nach Spanien, kam bis Marokko, wurde dort aufgegriffen und zum Rücktransport in ein Flugzeug nach Conakry gesetzt. Der Familienchef will auch nach Europa und sagt, ich solle ihm helfen, ein Visum zu besorgen. Als Händler in Uhren und Parfum hat er es zu einem -für lokale Verhältnisse, gewissen Wohlstand gebracht. Mamadou, der „kleine Bruder“ will nichts wie weg hier und endlich unabhängig sein.
In Boké fahre ich an den Stadtrand zum teuersten Hotel, denn das soll Internet haben. Nichts da. Und in dem 30 € Zimmer gibt es nicht mal einen funktionierenden Wasserhahn oder einen Spiegel im Bad.
Es folgt eine gut asphaltierte Straße, allerdings ganz ohne Schatten. Anfangs werden Cashewnüsse am Straßenrand verkauft, später Palmöl. Mittags verlasse ich die Hauptstraße und fahre auf einer superschönen und gut fahrbaren Piste zum Strand. Nach mehr als 100 km erreiche ich dort das Hotel -die Zimmerpreise beginnen bei 50 €. Da nehme ich meine letzte Energie zusammen und fahre dem Schild zum Campement nach. Das passt; eine Französin hat hier eine nette Unterkunft im großen Garten zum halben Peis.
Nach 2 Std. bin ich vom Strand weg wieder an der Hauptstraße. Das war eine hügelige Auf und Ab Strecke, auch mal anstrengend. Dafür rollt es jetzt etwas besser. Und der Wind ist auch mal mit mir. Immer wieder liegen Reis, Maniok und Erdnüsse zum Trocknen am Straßenrand. Und oft auch frisch gewaschene Wäsche.
Nicht allzu viele Dörfer, auch öde Passagen und schnell vorbei zischende PKWs. Und dann wird es langsam heiß und mir trocknet der Gaumen aus.
Gegen Mittag bin ich am Ortseingang von Boffa und hole mir ne Cola. Es kommt eine Bank und die gibt mir auch anstandslos eine halbe Million auf meine Sparkarte. Die Stimmung bessert sich und ich lasse gleich mal mein Fahrrad waschen. In einem Restaurant esse ich Reis mit Grünblattsoße (Maniokblätter). Ibrahima spricht Englisch und 3 Worte deutsch. Binta ist 11 und möchte dass ich sie nach Deutschland mitnehme.
Das „Hotel“ am Hafen ist ein arges Siffloch; ich renne entsetzt davon. Niara Belly hingegen ist o.k. und mit 18,- € auch nicht überzogen.
Im Ort kaufe ich eine SIM Karte für Guinea. Das System fragt nach einem Code um die Karte zu entsperren. Die Jungs sagen, ich solle ein paar Std. warten, dann ginge das von alleine.
Zum Start in Richtung Conakry probiere ich die lokale Spezialität der Krabbenboulette. Es geht wellig weiter und bald kommt auf der linken Seite eine Bergkette. Heute habe ich Glück, ich kann immer wieder mal im Schatten fahren.
Vier einspurige Brücken gehen über die Flussarme. Wo alle Fahrzeuge sich stauen, machen die Obstverkäuferinnen ein gutes Geschäft. Ich werde von 5 Polizisten herausgewunken, die gleich sagen: „wir sind 5, wir haben Hunger, gib uns 5 Euro“. Ich gehe nicht drauf ein, dann wird nach meinen Fahrradpapieren gefragt und nach der Erlaubnis, hier im Land fahren zu dürfen. Auch das beachte ich nicht, zeige meinen Pass, verweise auf das Geburtsjahr, auf die Strecke die ich heute fahren will usw. Schließlich hole ich einen Rest Brot aus der Tasche und reiche es einem der Beamten. Er fragt noch nach einer Dose Sardinen; ich sage, ich habe keine und fahre weiter.
Später werde ich an einem Gendarmerieposten von einer jungen Frau an den Straßenrand geholt. Ich sage gleich mein Alter und so was wie „hallo meine Tochter, ich bin müde und erschöpft“, da geht sie an ihre Kühlbox und schenkt mir ein Tütchen Wasser. Sehr nett. Irgendwann werde ich noch ein drittes Mal herangepfiffen und diesmal reicht der Smalltalk, woher, wohin. Ich frage einen der Männer was denn die junge Frau nebenan verkaufe, hole zwei Stück von dem Bananengebäck und gebe ihm eines davon. Das war’s.
Nachmittags und nach 112 km bin ich am vorher ausgewählten Orientierungspunkt, der Kreisverkehr am Eingang zu Dubreka. Von hier aus will ich mir eine Unterkunft suchen. Ich nehme gleich die erste – das Zimmer ist geräumig, hat Klimagerät und Strom erst gegen 19:00, wie hier offensichtlich so üblich.
Das Paar das das Hotel betreibt, kam während der Kriegsjahre aus Sierra Leone und Liberia hierher und ist geblieben. Sie haben 4 Töchter und mehrere Jungen. Aissatou, 24 lernt Recht, Oumou, 22 Wirtschaft und die kleinste geht noch zur Schule. Neben dem Hotel betreiben sie einen kleinen Laden und ich setze mich dort mit hin um zu beobachten was so passiert. Immer wieder kommt jemand um was für 10 oder 20 Cent zu kaufen.
Aissatou kümmert sich um mein Telefon, ruft beim Service an und kriegt zur Antwort, dass mein Internett Pass in 24 Std. aktiviert sei. Mal sehen.
Mit mehreren Sammeltaxis fahre ich nach Conakry rein. Aissatou schreibt mir detailliert auf, welche Taxistationen ich anfahren muss, wie viel das kostet und wohin es dann weitergeht. Und in Dubreka setzt sich eine Frau neben mich, die das alles versteht und über mein Ziel hinaus die gleiche Strecke fährt. Also nimmt sie mich beim Umsteigen mit und sagt mir in Kapora wo ich aussteigen soll und in welche Richtung es zur Sierra Leone Botschaft geht. Dort soll ich 100 USD in bar abgeben, die ich mir bei einer Wechselstube eintausche. Dafür kriege ich ein business Visum, das ich gar nicht haben wolle. Schon um 12:30 habe ich es in der Hand und fahre wieder zurück.
Nach dem Abendessen trinke ich noch ein Bier in der Kneipe nebenan; es läuft Musik von Salif Keita – wunderbar.
Aus der Hauptstadtregion raus ist erst mal dichter Verkehr, viele Schlaglöcher und es geht durchs Industriegebiet. Erst nach Maferinyah wird es ruhiger und schöner. Dort unterhalte ich mich mit George Saliou, Er fühlt sich in seinem Laden gefangen wie ein Fisch im Wasser, der auch nicht in der anderen Welt agieren kann. „Warum gibt es im ganzen Land keine Druckerei“? fragt er.
Beim Weiterfahren träume ich vor mich hin: Aufbau einer Forstwirtschaft, Tischlereibetriebe, Möbelbau, Papierherstellung, Druckerei, Fotos mit Sofortausdruck usw.
Kurz vor Forecariah werde ich schon wieder von der Polizei zur Seite gewunken. Er fragt nach Führerschein, Fahrzeugpapieren, Impfauseis, Reiseerlaubnis etc. Irgendwie gelingt es mir, das Gespräch auf Visafragen, Einreise nach Europa für Afrikaner zu bringen und er geht drauf ein. Ich werde ihm doch sicher ein Einladungsschreiben schicken wenn ich wieder zuhause bin, ihm Flug und Reise bezahlen, er will doch ganz Europa sehen …nach 20 Min. vertieftem Gespräch darf ich weiterfahren ohne dass er nach irgendwas gefragt hat. Er empfiehlt mir noch eine Unterkunft für den Ort und will mich dort besuchen kommen.
Am nächsten Morgen bin ich im Grenzort. Es gibt ganz unproblematisch ein Visum on arrival für 800.000 SLL – den Gang zur Botschaft hätte ich mir also sparen können und hier wäre es auch günstiger gewesen. Gegen Mittag kriege ich Hunger und halte Ausschau, lese was von market place und halte an. Doch es ist die Verkaufsfläche eines Behindertenprojektes, die verschiedene handwerkliche Produkte herstellen. Ich kriege einen einfachen Teller Reis mit Erdnusssoße und einem Stückchen Fisch gebracht. Später begrüße ich den Direktor und hinterlasse eine Spende.
In Port Loko kaufe ich SIM Karte und ein Internet Bundle für Sierra Leone und lasse es gleich mit meinem Pass registrieren. Doch funktionieren wird es nicht, denn das Guthaben wurde meiner zweiten, deutschen SIM-Karte zugeschrieben wie ich erst später in der Hauptstadt rauskriege.
Was für eine Feuchtigkeit in der Luft. Bis weit nach 09:30 Uhr war dichter Nebel; ich konnte kaum 5 -10 m weit sehen und musste immer wieder anhalten um meine Brille abzuwischen. Irgendwann am Tag hält ein junger Schweizer mit seinem Jeep an; er ist unterwegs bis Südafrika.
Ankunft Allen Town gegen 1700 Uhr. Idrissa sitzt mit Kollegen und Freunden draußen in einer Bar. Mit 7,5%igem Guiness läuten sie das Wochenende ein. Er wohnt mit 3 Kindern + 3 Freundinnen von denen + seine Freundin im 1. Stock eines Hauses. An diesem Abend gibt es keinen Strom – der kommt erst am nächsten Morgen, und so ist alles recht dunkel. Mit Akku Solarleuchten wird notdürftig Licht verlegt. Ich kriege ein eigenes Zimmer. Die Nacht ist warm und schwül. Draußen läuft die ganze Nacht Musik.
Am Morgen geht alles ruhig und langsam los; abhängen, Internet per Router nutzen, E-Mails abrufen und größtenteils in den Ordner „später“ verschieben. Unterkünfte für die kommenden Tage recherchieren. Ein NGO Mitarbeiter fährt mich zu einer Bank mit ATM. Sie sind gerade dabei, die Technik wieder hoch zu fahren und wir warten gut eine halbe Std. Maximaler Betrag zum Abheben = 40 €!
Nach 2 Übernachtungen in Familie will ich raus aus dem engen Haus wo ich eigentlich kaum vor die Tür treten kann, da draußen nix los ist und die Wege steil und steinig sind, also nicht zum Radfahren oder Spazierengehen einladen. Ich fahre über die Hauptstraße nach Freetown rein. Tatsächlich, das im Reiseführer genannte Freetown Inn, ist o.k. und gut in der Stadt gelegen. Viele breitere Straßen und am Sonntag vergleichsweise leer.
Mittags bei Lovettas kitchen. Beim Rausgehen lasse ich mein Telefon liegen und merke es erst ne halbe Std. später, bzw. denke erst mal, Taschendiebe hätten es mir geklaut. Nach kurzer Panik und Abschätzen was der Verlust alles bedeutet, springe ich in den nächsten Scooter und fahre zurück. Tatsächlich, die Leute am Tisch gegenüber erkennen mich und zeigen gleich nach hinten, ich solle zur Theke gehen. Die Bedienung kriegt ein Trinkgeld und einen Kuss auf die Wange. Zurück zur Unterkunft. Ans Meer zu gehen ist nicht möglich. Alles voller Slum Siedlungen wo ich zu Fuß alleine nicht rein gehen möchte.
Alusine Kamara jr., selbsternannter Couchsurfing Botschafter lädt zu Papa Cliff Restaurant ein, ich fahre hin, lasse mir von Alima helfen, -nette junge Frau mit familiärem Hintergrund aus Guinea, und niemand kommt. Das Treffen war dann abgesagt, weil zu kurzfristig und andere zu müde.
Morgens schweißtreibend bergauf und bergab zur Liberia Botschaft wo ich sofort mein Visa erhalte. Allerdings 50% Expresszuschlag, d.h. 150 statt 100 USD, zahlbar gerne auch 1:1 in Euro. Und wieder Glück gehabt, denn übermorgen schließt die Botschaft für die Weihnachtszeit und macht erst am 06. Januar wieder auf. Zurück zur Unterkunft, Zimmer räumen und mit vollem Gepäck nochmal die gleiche Strecke. Ich probiere einen anderen Weg – mit dem Ergebnis, dass ich noch mehr und noch steiler bergauf fahren muss.
Nach Sussex wird die Asphaltstraße zur Piste; ich komme am Nachmittag am Strand an. Den hatte Jan aus Bo als ruhig und einsam empfohlen und so ist es auch. Die sehr einfachen Unterkünfte haben einen hohen Preis, 40 €. Strom gibt’s erst bei Dunkelheit vom Generator. Zum Abendessen habe ich mir rotes Thai Curry mit Fisch bestellt. Was gebracht wurde, war sehr enttäuschend. Und der Tomatensalat war nichts als eine einzige, in Scheiben geschnittene Tomate.
Die gesamte Strecke vom cockle point bis Moyamba in einem zu fahren ist mir riskant weit. Also wollte ich in Waterloo noch eine Übernachtung einlegen. Ein Paar aus der letzten Unterkunft empfahl mir jedoch noch den Bureh Beach und da fahre ich dann auch hin. Ein zweiter Strandtag zu Weihnachten. Um 13:00 bin ich da und kriege einen netten Bungalow.
Am Morgen reißt mir der Schaltzug für die vorderen Kettenblätter. Nun kann ich bergab nicht mehr beschleunigen sondern nur noch ins Leere strampeln. Kurz vor Waterloo sehe ich einen Fahrradreparaturladen. Der Mann ist fit und hat in 10 Minuten alles wieder in Ordnung gebracht. Was für eine Erleichterung, war für ein schönes Gefühl, wieder richtig schalten zu können.
Die Piste nach Rotifunk ist eine recht schöne rote gravelroad durch die Dörfer, kaum Verkehr, sehr angenehm. Allerdings komme ich auf diesem Untergrund auch nicht schnell voran. Es geht immer wieder mal runter in eine Senke wo es Wasser gibt und auf der anderen Seite natürlich wieder hoch. Auch eine Fluss-Überquerung mit Piroge war dabei.
Kurz vor dem Ort sah ich mehrere Frauen mit Töpfen und Kochstelle und fragte ob ich hier was zu essen bekommen könnte. Ja, ein Teller roter Reis mit Soße und einem kleinen Stück Fisch. Dann dämmerte es mir, dass dies doch kein Restaurant ist, sondern der Hof einer Familie. Gut, die 5.000 die ich der Mama gab dürften ein fairer Ausgleich gewesen sein.
Unterwegs viele junge Leute die auffällig schick gekleidet sind. Und überall „Happy Christmas“. In einem Ort war eine kleine Feier zugange und plötzlich tanzten ein paar älter Damen über die Straße. Eine davon hatte eine Holzmaske auf und war nicht zu erkennen. Ich müsste ihr jetzt Geld geben hieß es, das sei hier (Mende) Tradition. Natürlich machte ich mit.
Auch am nächsten Tag fahre ich Piste. Teilweise wunderschön, doch auch schmale single speed Pfade wo maximal ein Motorrad Platz hat. Was für eine Diskrepanz zwischen der Abstraktion auf der Straßenkarte und der Realität im Gelände. Die Fahrrinne ist oft mit kleinen Steinchen gefüllt und sehr rutschig. Manchmal verläuft der Weg in einem 2-3 m tiefen Graben, so dass man fast wie in einem Tunnel fährt. Grün und kühl. Die Strecke ist als ‚old railway line trail‘ benannt und tatsächlich gibt es alte Bahnhofsgebäude mit Stationsnamen. Immer wieder kleine Dörfer und wieder sind Flüsse zu überqueren. Da ist Absteigen und Schieben angesagt.
In Bo bleibe ich zwei Tage bei einer deutschen Familie. Ausruhen, sortieren, planen und meinen Rückflug buchen. Die Straße nach Süden wird gerade ausgebaut und von der EU finanziert. Bei der Fahrt nach Tiwai island schiebt sich ein Waserturm in mein Blickfeld, der wie ein gestrandetes Raumschiff in der Landschaft steht. Auf der Insel treffe ich etliche andere Reisende.
Bei einem geführten Morgenspaziergang sehen wir jede Menge Affen, meist schemenhaft in den Baumwipfeln und gegen das Licht geschaut, nur wenig zu erkennen. Am Nachmittag lasse ich mich zur anderen Seite und zum Strand führen und bade noch mal im Fluss.
Weiter die Straße in Richtung Liberia. Die Bauarbeiten sind hier noch voll in Gange und ich werde auf staubigen Strecken von den Baufahrzeugen eingesaut. Am Grenzort müssen die Leute wieder mal alle Passangaben handschriftlich in ihr dickes Buch eintragen und wollen auch ein kleines Schwätzchen halten.
Ab der Abzweigung nach Robertsport folgt wieder eine anstrengende gravel road Piste. Ich komme eigentlich nie auf 20 km/h. und zum Schluss müssen noch ein paar kleine Hügel überwunden werden.
Ich finde ein Gästezimmer bei einem kleinen Händler, einfach, aber alles da und direkt am Lake Piso mit einer kleinen Bank zum draußen sitzen. Da lasse ich mir doch vor dem Duschen schon mal ein kleines Bier bringen.
Auf der Suche nach einem Abendessen laufe ich zum Strand wo es noch ein Hotel geben soll. Eine weiße Frau macht auf. Ich bin irritiert und erkläre, dass ich eigentlich ein Restaurant suche. Ob ich Reis mit Bohnen mit ihnen essen wolle, fragt sie. Ich treffe auf ein amerikanisch-dänisches Ehepaar mit 4 Kindern, die seit drei Monaten hier sind und wo er ohne Bezahlung als Arzt im Krankenhaus mitarbeitet. Die beiden waren vorher 15 Jahre im Tschad und haben dort an vier Gesundheitsstationen gearbeitet.
Nachmittags will ich Geld wechseln, doch niemand will hier Euros akzeptieren – nur USD. Oh, jetzt habe ich ein Problem. Noch mal den Strand hoch zu Hugo; er tauscht mir Euro in Dollar und ich bin gerettet.
In einem Rutsch geht es weiter nach Monrovia. Zusammen mit zwei anderen Europäern gehen wir in einem guten Hotel Sushi essen. Auch mal ganz schön, so 100% aus Dreck und Lärm rauszukommen und in Ruhe draußen zu sitzen.
60 km zum Flughafen und dort verläuft alles reibungslos, sehr ruhig und angenehm. Ebenso der Flug mit Air Maroc via Casablanca zurück nach Berlin.